Dienstag, 28. August 2012

Drei Beobachtungen während dem "Folklore-Festival" in Wiesbaden:


1. Kunst löst sich aus aller rituellen Bindung.
2. Die Ansprüche, die an Künstler gestellt werden, steigen stetig. Somit werden ihre Werke auch immer komplexer.
3. Erneuerung geschieht.

Dienstag, 21. August 2012

Kurzfilm: Alessandro Bavaris "Metachaos"

Szene aus "Metachaos", 2010. 
Was will uns das Sagen? (-> Film anschauen

Irgendwie ja doch beeindruckend und "en vogue": das Chaos, das in eine bestehende Ordnung Einzubrechen lauert. Auch Christopher Nolans "The Dark Night Rises" spielt ja mit diesem Einbrechen des Chaos in die zivilisierte Gesellschaft. Bereits zwei Jahre vorher und auf abstrakterer Ebene konzipiert, hat sich Alessandro Bavari mit seinem kleinen Filmteam ebenfalls dieser Thematik gewidmet, wenn auch ohne heilbringende Fledermaus. Ihm ist dabei ein durch und durch verstörendes Meisterwerk gelungen. 

Der Anfang des Films ist noch recht klar und überschaubar. Es gibt eine weiße Festung, die von geometrischen Formen dominiert wird und in deren Inneren sich weiße Menschenfiguren in unverbindlichem, schwerelosem Fall befinden. (Das Abendland?) Als Gegensatz zu diesem Inneren und der Festung gibt es ein dunkles, düsteres 'Außen'. Dort herrscht Chaos, Leiden und Dunkelheit (Entwicklungsländer?). Dann wird der Film sehr schnell sehr viel schwerer, komplexer, rasender.   
Drei Figuren stürzen aus dem Himmel zielgerichtet in diese Festung der heilen, weißen, geordneten Welt ein, um sie mit einer Art Elektrowurzelwerk zu infiltrieren und zurück ins Chaos zu stürzen, ja regelrecht zu sprengen (911 / moderner Terrorismus?) 

Der Rest des Films liefert im Anschluss daran ein weites Spektrum an Chaosformen. Angefangen mit einer in Rotation, Auflösung und Neubildung begriffenen amorphen Formenvielfalt ohne Menschen schließt sich eine in Rotationen, Auflösung und Neubildungen begriffene Formenvielfalt mit Menschen an. Dabei bleibt nichts in festen Formen - Die Welt im Chaos, so wird verdeutlicht, befindet sich fortlaufend im  Experimentierstadium. Das Chaos ist blind. Die Formen, die sich entwickeln, sind oftmals nicht vollendet, oder leben nur kurz, um darauf wieder zu zerbersten. Bisweilen treten sie auch mit anderen Formen in Konkurrenz. Evolutionen  im Zeitraffer? Bisweilen wird der Film dann auch wieder konkreter und Figuren, die man zuordnen kann, tauchen auf. Zum Beispiel einmal eine Art Aufseherfigur in einer Lohre, was an die Mienensklaven im 18ten und 19. Jahrhundert denken lässt. Oder die Formung einer Gottesanbeterin oder Wanze. 
Vielleicht packt man diesen Kurzfilm wirklich am besten mit dem Interpretationsschuh "vorbiblisches Chaos", wenn man bedenkt, dass am Ende des Films der Name Alessandro Bavaris über einem Meer  schwebend zu lesen ist. Wasser, über dem ein Geist schwebt...Wenn man da nicht an Genesis denken muss: 
 "Finsternis lag über der weiten Flut, und der Geist Gottes schwebte (brütend) über der Wasserfläche." (Moses, Genesis 2)
Und siehe, Bavari nahm sich die Zeit vor Genesis selbst in die Hand, um sie als formender Künstlergott  auszumalen. Amen.