Sonntag, 10. Mai 2015

Lust auf Metatheater? Sechs Personen suchen eine Autor

Im Cairo in Würzburg läuft das moderne Meta-Theaterstück "Sechs Personen suchen einen Autor". 

Inhalt: 

In eine gewöhnliche Theaterprobe dringt eine sechsköpfige Familie ein. Dabei handelt es sich bei den Familienmitgliedern laut Eigenaussagen nicht um real existierende Menschen, sondern nur um Figuren, die nun all ihre Hoffnung auf den Regisseur des Theaters setzen, um von diesen als Stück verewigt zu werden. So beginnt eine langsame Aufarbeitung der, gelinde gesagt, schwierigen innerfamiliären Vergangenheit, eingebettet in die Kulissen einer Theaterprobe. 

Kommentar: 

Das Stück selbst ist ein wenig wie ein Lehrstück über theaterinszenatorische Produktionsmittel: Was ist eine Figur? Was ist der Unterschied zwischen Inszenierung und Wirklichkeit? Wie baut man eine Szene? Welche Aufgaben hat der Regisseur? Welche die Schauspieler? Welche der Requisitenmeister und Schreiberling? Welche der Coregisseur? Was ist der Unterschied zwischen Handlung und Charakter? 
Neben der eigentlichen Dramatik des Stücks, verhandelt der Text diese Fragen. Hauptthema aber ist m.E. Egoismus und Gruppenverhalten, denn in einem heftigen Wortwechsel zwischen Regisseur und Tochterfigur wird dieser Konflikt einmal virulent auf die Bühne gebracht: Geht es darum, wessen Tragödie die größte ist und am deutlichsten auf die Bühne gebracht werden soll, oder hat nicht jede Figur ihre eigene Tragödie, die gleichberechtigt neben den anderen Einzelschicksalen steht? Diese Position zu verfechten ist die Aufgabe des Regisseurs, der dann ja auch entscheiden müsste, welche Akzente er setzen möchte. Aber soweit kommt es erst gar nicht, da sich die Konflikte einmal offen aufgezeigt buchstäblich von selbst auflösen. Dennoch glaube ich, dass das die Hauptbotschaft des Textes ist - Demut vor dem andren zu entwickeln und sich als Teil eines großen Ganzen zu entdecken.

Konflikte und Figuren: 
- Vater - Tochter - Konflikt: dadurch, dass der Vater die eigene Tochter als Freier im Bordell aufgesucht hat, herrscht eine ganz spezielle Spannung zwischen beiden
- Vater: hat die Mutter zu einem anderen Mann "geschoben", weil er sich nicht mehr mit ihr verbunden fühlt. 
- Mutter: macht sich Vorwürfe, weil sie die Tochter nicht beschützten konnte und diese sich prostituiert
-kleiner Bruder: verstummt, warum weiß man erst am Ende des Stücks - tatenloses Mitansehen des Sterbens des noch kleineren Brüderleins im Pool 
- kleinster Bruder: unschuldiges Opfer

Vater und Tochter: Redensführer, beide egozentristisch, da auf die Verteidigung der eigenen Figur bedacht. 


Beurteilung:

Ein lautes, konfliktgeladenes Stück, das mit Anachronismen und verschiedenen Ebenen spielend auf tiefe Eindrücke beim Publikum zielt, indem es durch eine Enthüllungsdramatik große tabuisierte interfamiliäre Skandalkonstellationen auf die Bühne bringt. 
Inszenierung: sehr textbasiert, ordentliche schauspielerische Leistung, interessanter Einsatz von Puppen; wünschenswert wäre noch mehr Einsatz von Licht und / oder einer an das Schauspiel angepasste Vertonung gewesen. Empfehlung? Theater ist jedesmal zu empfehlen und das Theaterdreieck bringt hier auf jeden Fall ein interessantes Stück auf die Bühne! 


Montag, 4. Mai 2015

Science oder Fiction? Robin Hood mit Russel Crow

Ridley Scott - berühmt dafür, mehrere Filmgenres begründet zu haben (unter anderem durch Alien und Blade- Runner), kritisiert für seine Überbetonung der Ästhetik.
treuherziger Hundeblick - wahrlich, ein schöner Mann, dieser Russel Crow aka Robin Lonestride

Vor Sharewood Forest

Robin Hood, die Legende aus dem Sherwood Forest, ist diesmal von ihm verfilmt worden. Allerdings setzt Scott vor dem eigentlichen Robin Hood an, nimmt dabei die Figuren aus der Legende, die allseits bekannt sind: König Richard Löwenherz, Robin von Loxeley, Robin Hood heißt vorerst Robin Longstride, der Sheriff von Nottingham, Prinz John und Lady Marion, Bruder Tack, Little John.

Hollywoods Realismus


Dabei ist der Film in ein historisch sehr realistisches Mittelalter eingebaut.
Meet wird selbst hergestellt, durch Bienenstöcke, und aus Hornbechern getrunken, Gepflügt wird mit dem alten Holz- und Stachelpflug, der die Erde noch nicht umwirft. Die Aussaat ist das Wichtigste, um nicht Hungern zu müssen und erfolgt von Hand. Gibt es kein Saatgut, muss man es von Herren leihen, z.B. von der Kriche. Die bäuerliche Bevölkerung lebt einfach in fensterlosen Pfostenhäusern mit Strohdächern, fensterlos und festgetretenem Lehmboden. Sie lebt im Schatten der Burg und wird hier vom anliegenden Burganwesen des Grafen Loxley regiert. Dorfangelegenheiten werden unter einem markanten, großen Baum verkündet, Bekanntmachungen werden dort angenagelt. Kleidung ist vor allem aus Leder und Leinen, kleine Schmieden und andere Handwerker findet man in der Vorburg des Herrenhauses und Probleme entstehen vor allem durch unberechtigte und hohe Steuereinnahmen oder Hunger.

Rohe Männersitten


Im Vergleich zu allen andern Robin Hood Verfilmungen, die ich bisher gesehen habe, ist diese hier die unverblümteste.
Die Engländer plündern auf dem Rückzug der Kreuzzüge, was ihnen in den Weg kommt. Der Film setzt ein mit der Belagerung einer nordfranzösischen Burg. Hier gibt es alles, was zu einer Belagerung dazugehört: siedendes Pech, das die Burgbewohner von den Zinnen kippen, Rammböcke, Feuertaktiken, um das Burgtor mürbe zu machen und vor allem eines: barsches Männerbenehmen.
Auch die Kettenhemden rasseln, wo es nur geht, und Köpfe schauen unter Normannenhelmen hervor.

Ähnlich ist es beim brandschatzenden Plünderungszug Gottfrey ("des Verräters"). Sehr realistisch zeigt der Film das Sammelsurium an Grausamkeiten einer mittelalterlichen Plünderung. Mord der Bevölkerung, Plündern der Vorräte, Anzünden der Häuser (Brandschatzen). Die Vergewaltigungen der Frauen werden nur angedeutet, sind aber auch klar verständlich. Der Film schreckt auch nicht davor zurück, das Zusammentreiben der Bevölkerung in ein zentrales Gebäude, das Verriegeln der Türe und das Anzünden des Gebäudes aufzugreifen. Hier erfolgt in letzter Sekunde die Rettung der Unschuldigen durch die Helden des Films.
 Auch Prunk und Hitzkopftum am Hof in London wird gut zur Schau gestellt.


Die Story


Wie war denn nun aber eigentlich die Story?
Longstride begleitet Löwenherz als Söldner auf dem Rückzug von den Kreuzzügen. Dabei kommt er in ein Handgemenge und wird, zusammen mit einigen andern Männern,zur Strafe an den Pranger gestellt. In den Wirren der gleichzeitig stattfindenen Belagerung einer französischen Burg, gelingt es Longstride, sich und die andern Raufbolde zu befreien, als Löwenherz stirbt.
In diese Geschichte wird eine zweite Geschichte eingeflochten: Es geht um Thronränken (die Nachfolge Löwenherzs) und um Hochverrat an Britannien,da der französische König Philipp eine Invasion plant. Hierarchisiert man die Bösewichte dann ist Philipp der Strippenzieher ganz im Hintergrund, während Prinz John der Bösewicht in England ist, der das Land schröpft und die Bevölkerung, insbesondere die englischen Lords, terrorisiert. Und hier wird nun auch Longstride wieder in die Geschichte verwoben. Denn dieser gibt sich fortan als Adeliger Ritter aus, als Sohn des Vaters und gleichzeitig Gemahl von Lady Marion. Er hilft der toughen Dame, ihr Landstück auf Vordermann zu bringen, die Saat einzubringen und sich gegen die unverschämten Ansprüche Johns und die auf Dominanz und Demütigung hinauslaufende "Liebe" des Sheriffs von Nottingham abzuwehren. Ein Retter und zivilisierter Traummann, also.
Die Story kulminiert, als die englischen Lords gegen die Krone rebellieren wollen - aufgrund erhöhter Steuereinnahmen durch Prinz John.Und ein Bürgerkrieg droht, dem unser König in Frankreich gierig entgegensieht. Denn wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Ein von einem Bürgerkrieg geschwächtes Britannien ist nicht in der Lage, großen Widerstand gegen die geplante französische Invasion zu leisten.
In dieser Stunde der Not gelingt es, Longstride alle zu einen: Er entdeckt sich als Urenkel eines Vordenkers der Magna Charta und bringt Prinz John dazu, einer solchen Urkunde zuzustimmen. Dann zieht er als Schlachtherr gegen die Franzosen in den Krieg - Marion an seiner Seite - und es kommt zum Showdown an der englischen Küste. Landungsboote der Franzosen, englische Langbogenschütze und ein Gemetzel in der Brandung, das das Wasser rot färben wird.
Ende gut alles gut? Fast. Denn John wird die Magna Charta aufgrund seines exzentrischen Egozentrismus anzünden, statt zu unterschreiben. Und damit soll auch etwas angedeutet sein, inwiefern der Film mehr fiction als science ist. Eine solche Invasion durch Philipp hat es wohl nie gegeben. Die Maga Charta hat wohl nichts mit Robin Hood zu tun. Prinz John war zu der Zeit noch nicht König (oder irre ich? )

Fazit:


Insgesamt bleibt der Film ein opulenter, bildgewaltiger Hollywood- Historienfilm, der unterhaltsam eine Geschichte um einen starken Mann erzählt. Durchaus ansehenswert!