Montag, 28. September 2015

Ob Himmel oder Hölle - Es liegt im Auge des Betrachters


Hier der Link zum animierten dänischen Kurzfilm The Saga Of Biorn (2011)

Synopsis:

Biorn will nach Walhalla kommen. Dafür muss er heldenvoll im Kampf sterben. Gelingt ihm das nicht, käme er nach Helheim - die himmlische Version einer Altersresidenz. Nach vielen gescheiterten Versuchen sieht er seine Chance, als ein nordischer Trolldämon ein Nonnenkloster aufreibt. Beim Kampf gegen den Troll stirbt Biorn tatsächlich auch. Als sein überirdischer Körper bereits auf dem Weg nach Walhalla ist, beerdigen die Nonnen in stiller Dankbarkeit die irdischen Überreste des Wikingers nach christlichem Brauch. Die Folge für Biorn im Jenseits: er kommt nicht in das von ihm herbeigesehnte Walhalla sondern in eine Version des christlichen Paradies

Didaktisch verwertbar:

- Ähnlichkeiten von Religionen: transzendente, soteriologische und eschatologische Komponente. (the rotating afterlife wheel)
- die Gemachtheit von Religionen (Die Art der Bestattung bestimmt die Art des postmortalen Verbleibs ohne ein Wissen darüber, ob es wirklich so ist)
- der Postmoderne Umgang von Kunst mit Tradition: Alles ist Material, das bearbeitet wird, um zu unterhalten. Postmoderne Kunst ist inhaltsleer. Ihre Meinung ist absoluter Werterelativismus)
- Schwierig: Gewaltdarstellungen, wenn auch durchwegs komisch durch Überzeichnung (der Film geht immer bis ans Ende), so doch auch verharmlosend und disrespektierlich (§ 1 GG: Ausnahmeregelung durch Kunst? )
- Kontext: Missionierung im Norden?
- Erwartung und Erfüllung
- Erzählverhalten: Rahmenhandlung (Wunsch und Verwirklichung des Wunsches durch Biorn), teil davon Exposition, dann Vorgeschichte (Kämpfe mit andern Kriegern), retardierendes Moment (Niedersinken im Schnee), Höhepunkt (Kampf mit dem Riesentroll), pointierter Schluss (Happy End als Katastrophe)
- Stereotypisierung (der asiatische Kämpfer, der Zwerg, das personifizierte Böse, der saufköpfige Wikinger)

Ähnlichkeit:

ESMA: "Dans La Tête" - vor den Pforten des Himmels

Alter Hase mit frivolem Stil - Joachim Fuchsberger: "Denn erstens kommt es anders..."


In einem Satz: weitreichende Autobiographie des Schauspielers, Showmasters und Fernsehproduzenten Joachim Fuchsbergers, beginnend mit den Schatten des Zweiten Weltkriegs als Luftraumbeobachter und Fallschirmguerillia, über die Zeit nach dem Krieg und die wilden Anfänge im Showbusiness, bishin zur Entdeckung der Liebe, des Segelfliegens, der Krankheit und des Leids hin zu einem Lebensabend in Australien in selbstbewusstem, süffisantem Stil. 

Prädikat: Unterhaltsam und breitgefächert.

Balance - Kurzfilm. 1989.

Fünf Personen auf einer Plattform im Nichts, die nur dem physikalischen Gesetz der Schwerkraft folgt, denn je nach Gewichtsverlagerung auf der Plattform, kann diese in Schräglage geraten und kippen (Bild anklicken -> youtube Version)

Plot:

Die Figuren bewegen sich von der Mitte aus ringförmig ausstrahlend und gleichmäßig an den Rand der Plattform. Dort angekommen, packen sie Teleskopangeln aus und Angeln etwas aus dem nicht sichtbaren "Unterhalb" der Plattform. Einer der Figuren gelingt ein großer Wurf, so scheint es. Er zieht eine dicke verschlossene Spieltruhe auf die Plattform. Man kann sie ankurbeln und sie macht Musik. Nun kann einer nach dem andern Musik hören, je nachdem, wie sich die Figuren bewegen. Immer nur für eine kurze Zeit.

Eine der Figuren wird egoistisch und kickt die andern von der Plattform, um das Hörererlebnis nicht mehr teilen zu müssen. Er bleibt allein auf der Plattform zurück, hat aber nichts von der Truhe - denn sie befindest sich schließlich, als Gegengewicht zu ihm, auf der exakt anderen Seite der Plattform.

Art:

Symbolischer Stop-Motion-Film

Interpretation:

abstrakte Darstellung des Umgangs mit Ressourcen und lehrreich insofern, als man darüber reflektieren kann, inwiefern es interpersonale Zusammenhänge gibt, die die Welt im Gleichgewicht halten und inwiefern blanker, übertriebener Egoismus die Welt aus dem Gleichgewicht bringen kann.

Wäre es besser gar nichts gehabt zu haben?
Wie hätte man anders mit der Box umgehen können?
Völlig andere Balance über Selbstgerechtigkeit und Verlogenheit von Führungseliten: Balance von "Doppelkopf"


Donnerstag, 17. September 2015

All About good Deals: Lawrence Kohlbergs Stufenmodell in Game of Thrones:

Inwiefern findet man Kohlberg in Game of Thrones wieder?

Mord und Tyrion Lennister in der Wolkenzelle - Die Veranschaulichung ethisch-moralischen Urteilen in der untersten Stufe

In der ersten Staffel wird Tyrion Lennister nach Eyrie verschleppt und wartet dort in einer Himmelszelle auf ein weiteres Vorgehen. Dabei wird er vom Kerkermeister "Mord" behütet.
Zwischen dem wohlerzogenen, gebildeten Halbwüchsigen aus dem reichsten Adelshaus der sieben Königreiche und dem Kerkermeister besteht ein sehr großes Intelligenzgefälle. Lennister besticht durch Cleverness, Smartheit und Redegewandtheit. Mord dagegen reagiert nur, so scheint es, auf den ersten beiden Stufen nach Kohlbergs Stufenmodell des moralischen Lernens aus kognitiv-konstruktivistischer Sicht.

Die erste Stufe betrifft ein Handeln, das aus rein egozentrischer Sicht nur auf Strafe und Belohnung, also auf Konformität mit den Anforderungen der Autoritätsperson ausgerichtet ist. Mord handelt nach den Befehlen der Gräfin. Erfüllt er sie, bleibt er frei von Strafe.

Lennister ermöglicht es ihm, die zweite Stufe der Moralentwicklung zu erreichen. Diese ist nach Kohlberg immer noch egozentrisch, allerdings bezieht sie den Egoismus als Intention des anderen mit ein. Dem Handelnden geht es in dieser Stufe darum, einen "guten Deal" mit dem Gegenüber zu erzielen, der ihm einen persönlichen Vorteil verschafft. Tyrion kann dies sehr gut demonstrieren und aus Mord herauskitzeln. Er besticht ihn mit dem Gold der Lennister, bzw. führt ihm vor Augen, was ihm blühen könnte, wenn er ihm entgegenkommt. Zwischen beiden findet ein Deal statt. Gold gegen das Versprechen, ein Geständnis vor dem versammelten Hof ablegen zu dürfen (anstatt in der Himmelszelle zu schmachten).

Im Übrigen wiederholt Tyrion diese Gesprächsstrategie. Mit seiner Eloquenz gleicht er seine mangelnde physische Überzeugungskraft und Stärke aus, als er von Shagga und seinen Männern in den Hügeln überfallen wird (9. Episode): Hier bietet er dem Clan Gold und Waffen an.


Für eine Handvoll Dollar: Shagga Anführer des "Stone Crow"-Clans
"Tyrion and Bronn have reached the western edge of the Vale and are surrounded by members of the hill tribes, led by a fearsome warrior named Shagga. At first he orders them to be killed, but Tyrion does some fast-talking and convinces the hill tribes that House Lannister is an enemy of the Vale and its rulers. He proposes an alliance which will allow the tribes to enact vengeance against the Vale and get them properly armed and armored for war. They eagerly agree, and escort Tyrion and Bronn  westwards towards where the Lannister armies are gathering. "

Nun lässt sich ohne Weiteres nachvollziehen inwiefern die Aufklärer keine Probleme damit hatten, von einem "dunklen Mittelalter" zu sprechen, das in GOT exemplarisch rekonstruiert wird.  Beherrschten hier doch reiner Egoismus und "instrumenteller Hedonismus" die Handlungen der Mächtigen. Ganz anders der Traum der Aufklärer und Humanisten - dass man anstatt an sich an die Gesellschaft, ja die ganze Weltgesellschaft bei seinem Handeln vor Augen hat. Man sagt, die Idee des Humanismus sei gescheitert- zumindest die Ideen leben jedenfalls weiter.


Im Übrigen könnte man Kohlbergs Ansatz auch auf Thomas Mann übertragen - hier ist die Rede von "einer guten Partie", die die Tony Buddenbrooks  bzw. ihre Tochter macht oder nicht macht und die Frage nach der Intention des Autors hinsichtlich des dargestellten Scheiterns der Figuren hinsichtlich dessen, was man ein "gelungenes Leben" nennt.

Samstag, 5. September 2015

Rosemarie's Baby (1968)

Roman Polanski - anscheinend Meister des Horrors, nach "Tanz der Teufel" und eben nun auch diesem Film. Angeblich hat er viele Oscars abgestaubt: Rosemarie's Baby gilt als Kultfilm. 
Beginnend mit einem herrlichen Lullaby und auch damit endend, gesungen von der Hauptdarstellerin selbst. Und was passiert dazwischen? 

Inhalt: 
Das Junge Paar Rosemarie und Guy ziehen in ein Haus ein, in dem seltsame Dinge vor sich gingen. Ihr Ziel ist es, ein Kind in die Welt zu setzen und damit legen sie sich auch bald ins Zeug. Das Päarchen lernt schnell die alten Nachbarn Minnie und ihren Mann Roman kennen. Ro ist eher zurückhaltend, geordnet und gesittet. Sie steht dem alten Paar skeptisch gegenüber aber sie folgt ihrem Mann und gibt eine entzückende, freundliche Frau. Nachdem sie ein Mousse gegessen hat, dass ihr von Minnie angeboten wurde, hat sie einen Schwindelanfall und fällt in ein rauschartiges Delirium. Darin sieht sie Minnie und Roman, ihren Mann Guy, eine brennende Kirche und einen Dämon, der sie vergewaltigt. 
Am Tag darauf wacht sie auf - ihr Mann meint, er habe mit ihr geschlafen, trotz ihres Bewusstseinsverlusts (!). Außerdem hat Rosemarie einige Kratzer am Rücken. 


Sie wird tatsächlich schwanger, aber auch immer mehr aus ihrem alten Leben herausgerissen, abgeschottet von ihren Freunden. Auch den Arzt wechselt sie auf eindringliches Anraten von Guy, Roman und Minnie. Sie wechselt zu Dr. Sapirstein. Der hat sehr unkonventionelle, rabiate Methoden. Er verweigert ihr Pillen und rät ihr zu einem Trank, den Minnie jeden Tag frisch für sie zubereitet.  Inklusive irgendeinem seltsam riechenden Kraut darin. Trotz Schmerzen greift Sapirstein kaum ein. Die Freunde von Rose machen sich natürlich Sorgen. Schauerlich wird es, als ihr alter Freund "Hutch" ihr ein Buch über Hexenkunst übergibt, das ihr Antwort auf viele rätselhafte Fragen liefert. Sie meint sich im Netzwerk eines Hexenklubs gefunden zu haben, der es auf irgendeine Art und Weise auf ihr Baby abgesehen hat. Sie flüchtet zum Arzt ihres Vertrauens, Dr. Will...hat sie recht? Oder Halluzinationen? 

Meinung:
Unglaublich gutes Schauspiel, bezaubernde Frauenfigur, umso grauenhafter die Geschichte. Der Film kommt ohne Schocker aus, aber er geht psychologisch und durch das gute Schauspiel unter die Haut. Vier bis Fünf Gänsehautsituationen und ein sehr beklemmendes Gefühl danach. Ich mag Horrorfilme nicht.