Mittwoch, 15. August 2018

Rico und Oskar tun es wieder!

Inhalt:

In Andreas Steinhöfels zweitem Roman aus der Rico und Oskar Reihe „Rico, Oskar und das Herzgebreche“ aus dem Jahr 2009 geht es darum, wie Rico und Oskar gemeinsam die Erpressung von Ricos Mutter aufklären.

Die Geschichte beginnt damit, dass die alleinerziehende Mutter Rico und Oskar mit zum Bingospielen nimmt. Wie so oft gewinnt Ricos Mutter eine wertvolle Handtasche, die sie im Nachhinein über ebay verkauft. Der aufmerksame Oskar entwickelt jedoch einen Betrugsverdacht, da die Zahlen, die im Bingo vorgelesen wurden, gar nicht so auf dem Schein angeordnet waren, dass eine vierer Bingoreihe entstand.
Also beginnen die beiden eine verdeckte Ermittlung und suchen sich alle Nachbarn Ricos in der Dieffe 93 zur Unterstützung. Herr van Scherten leistet Fahrdienste und beschließt, selbst Ermittlungen im Nachtclub, in dem Ricos Mutter angestellt ist, durchzuführen. Frau Dahling begleitet die beiden in die Stadt zum Nachtclub.
Zuletzt gelingt es Herrn van Scherten überführende und belastende Dokumente, die Erpressung, Diebstahl und andere Delikte beweisen, aus dem Büro Boris', des Nachtclubbesitzers zu entwenden und damit die nötigen Beweisdokumente für eine Anklage und Verurteilung zu finden.

Offene Fragen:

  • Wie geht es mit der Mutter, Frau Doretti, weiter, nachdem sie ihren eigenen Boss erfolgreich hinter Gitter gebracht hat? Sucht sie sich eine andere Führungsposition?
  • Was ist eigentlich mit Oskars Papa? Oder Mama? Oskars Papa braucht „Abstand“, aber wer ist er und warum ist er so? Wird Oskar immer bei den Dorettis bleiben? 
  • Werden Simon Bühl und Frau Doretti zusammenziehen? 

Das Besondere an dem Buch:

  1. Die Welterklärungsversuche Ricos und die unglaubliche Tiefe, die sich darin wiederfinden lässt. Wie z.B. die mentale „Schildkrötenbox“, in die Dinge, die einen durcheinanderbringen, eingeschlossen werden können (vgl. S.103f.)
  2. oder Ricos Definition von „sensibel“:
    Empfindsam. Ab zwei Empfindsamkeiten gleichzeitig wird es kritisch, an ab drei bricht mach zusammen vor Mitleid. Ohne Empfindsamkeit ist man unsensibel, behält aber immer gute Laune, zum Beispiel, wenn jemand vor einem zufällig die Treppe runterfällt. Man muss ihn dann aber liegen lassen, sonst zählt es nicht (S. S.82)
  3. Die Beschreibungskunst und Sprachgewandheit von Matthias Steinhöfel, wie z.B. diese Passage, um die Schönheit einer Frau und ihres Kleides darzustellen:
    „Das Foto zeigte eine lachende junge Frau im Arm eines ebenfalls lachenden, aber nicht mehr ganz so jungen Masnnes, Die Frau hatte ich noch nie gesehen – sie war blond und ganzt hübsch trug ein echt schickes Kleid aus glänzendem blauem Stoff, das sich an ihren schlanken Körper schmiegte wie daran hinunterlaufendes Wasser. Den Mann kannte ich von früheren Fotos“(S. 170)
  4. Ricos einzigartige Wahrnehmung voller Fehlerchen, die aus seiner mentalen Überforderung oder seiner mangelnden Lebenserfahrung resultieren. Wie er imaginär mit Bühl als „Ehebrecher“ abrechnet, obwohl dieser und seine Mutter noch weit davon entfernt sind zu heiraten. 
  5. Die Figuren und deren Leben außerhalb der Geschichte rund um Oskar: 
    1. Herr Fietzke und seine Steinsammlung (Eine Steinestall), der daran glaubt, dass sie sich miteinander vermehren könnten. 
    2. die verlassene Frau Dahling, die über die Trennung nicht hinwegkommt und sich zum Trost mit Rico Mrs Marple Filme anschaut und Müffelchen ist, die einen Hang zum Alkoholismus hat und irgendwo doch ganz reizend zu sein scheint
    3. Irina, die beste Freundin von Ricos Mutter, abgebrüht und mit russischem Akzent.
    4. die wütende Jule, in die Rico verliebt ist über beide Ohren und wie sie das natürlich gar nicht mitbekommt und einfach ihr eigenes Leben durchzieht. 
    5. Immer wenn Rico Liebeswallungen hat – sei es wegen Porsche, als er ihn das erste Mal zieht, und sein Herz fast quietscht vor Freude – sei es wegen Jule: „Jule hatte einen Rucksack geschultert. Sie trug einen violetten Anorak, der total gut zu ihren veilchenfarbenen Augen passte und noch total besser zu ihren glatten, blonden Haaren, die immer glänzen wie der Sonnenschein im Frühling auf einem wogenden Meer aus Butterblumen und dabei duften wie morgenrote Rosen, die in einem verzauberten garten zwischen mannigfachen anderen Blumen blühen, hinter denen freundlich murmelnd ein kleiner Bach seinen Lauf nimmt, an dessen heiteren Gestaden zierlich Rehe die Köpfe senken, um...irgendetwas zu fressen. Wahrscheinlich Butterblumen.
      Ich kann nichts dafür, wenn ich romantisch werde. Ein wengi sind die Liebesfilme daran schuld, die ich so gern mit Frau Dahling kucke, zum Beispiel „Der Förster im Silberwald“, wo auch Rehe mitspielen. Aber zum größten Teil liegt es einfach daran, dass jedes Herz ein Schloss hat und Jule für meins der passende Schlüssel war, auch wenn ihre blonden Haare gerade eher so aussahen, als wäre eine Horde Kühe über die Butterblumenwiese gerast.Q (S. 203f.)

Fazit: Wenn auch nicht ganz so mitreissend wie der erste Teil, dennoch ein durchaus lesenswertes, amüsantes und lehrreiches Buch! Reinziehen!