Dienstag, 15. September 2020

Comedy made in France: "Der Grosse Böse Fuchs"

 

Oh ja, wer Lust auf französisch dumm-bizarr-trockenen Humor hat ist hier genau richtig!

Benjamin Renner hat "eine Graphic Novel für Eltern und ihre Kinder" verfasst, die "über die Tücken der Kindererziehung erzählt". Das stimmt, und man mag es kaum glauben, wie das stimmt! 

Die Geschichte ist so einfach und dumm wie komplex und überraschend gleichzeitig: 

Ein versagender Fuchs bricht immer wieder im naheliegenden Bauernhof ein, um seinen Hunger zu stillen: Erfolglos! Die Henne brät ihm eins über und er zieht geschlagen und hungrig von dannen, um sich mit Steckrüben zu sättigen. Mit dem Wolf schmiedet er den Plan, statt der Hühner einfach Eier zu stehlen, die Küken großzuziehen und sich an ihnen satt zu fressen. Doch als die Küken schlüpfen, fallen sie ihrer Prägung zum Opfer und denken, der Fuchs sei ihre Mutter. Umgekehrt wachen im Fuchs elterliche Gefühle - eine Mischung aus Verantwortung und Liebe - für die kleinen Quälgeister auf... 

Was total dumm und banal klingt, fesselt, unterhält, rührt und ist am Ende eine überraschend in sich geschlossene Geschichte voller erwartbar-unerwartbarer Wendungen, die in mir das Gefühl geweckt hat, gerade den perfekten Kinofilm gesehen zu haben...





Donnerstag, 3. September 2020

Tolles Artwork, atemberaubende Welt und unterirdische Handlung: Das ist „Aquaman"















Alle drölfzig Jahre kommt er dann doch, dieser Moment, in dem man vor dem Netflix-Filmangebot steht und den größten Popcorntrash herauspickt. So war es bei uns, einer Couchsurferin, meiner Mitbewohnerin und mir gestern. „Oder wollen wir Aquaman kucken? Nur die ersten 15 Minuten, und dann wissen wir ja, ob er lohnenswert ist." Soweit die Theorie, geschafft haben wir 45 Minuten, dann hat es uns gereicht. Zuviel Geballer, zuviel blubbblubb, zu viele Testosteron-Hirnausfälle, zu viele sich gegenseitig jagende Schnitte, Superlative, Farben und grobklotzige Handlungsbrocken.Trotzdem haben wir den Film, dann nur noch zu zweit, im zweiten Anlauf angeschaut. Und dann auch noch ein Making-Off. Also irgendeine Faszination hat der Film ja, aber welche? 

Ohne Umschweife: Die Welt, die das Team hier aufgebaut hat - und damit meine ich die Setdesigner, die Kostümdesigner, die Visual-Artists - was diese Crew aus dem Meer gestampft hat, das ist atemberaubend! Eine vollkommen eigene, neue Welt unter Wasser - mit verschiedensten Stämmen und Rassen - die einen rein, stolz und erhaben wie Seepferdchen, auf denen sie auch reiten, die anderen fischig, schuppenbedeckt, glitschig und ängstlich, wie Fische eben so "sind", wieder andere grob, ruppig und gepanzert, wie man sich weiterentwickelte Krabben eben vorstellt, Hai- und Basilosaurus-Reiter und zuletzt augenlose, schuppig-glitschige Jagdtierfisch-Kreaturen. Soviel nur zu den Charakteren

Dem stehen die Schauplätze an nichts hinterher: Wracke, alte Hallen mit  vorsichhinmarrodierenden Riesenstatuen von gedreizackten Königen, wie man sich Atlantis eben vorstellt, weite Hallen voll Prunk und Publikum für königliche Aufmärsche und Verkündungen, Atom-U-Boote, Tiefseelandschaften und eine kaum in Worte zu fassende idyllische Oase mit einem fein zerstäubenden Wasserfall, das das Tor in zum Unterwasserprüfungsbereich für den Dreizack-der Dreizäcke darstellt. Wow, Wow, Wow! 

Und zuletzt die Kostüme und das restliche Artwork: Broschen, Umhänge, Kronen, Masken, Hybridanzüge, die es den Meeresbewohnern, die keine Landluft verarbeiten können, über ein Wasserkreislaufsystem mit lufthaltigem Wasser versorgen, Rüstungen! Selbst die dummklobige Kriegerantiheldenfigur "Manta" wird mit einem Anzug ausgestattet, der im Gedächtnis bleibt! 

All das ist phantastisch und wunderbar und würde man aus all diesen Gegenständen ein Museum oder einen Erlebnispark machen - das Auge käme aus dem Staunen nicht heraus! Und so wirkt es auch, dass die gesamt Filmcrew dermaßen in die Phantastik dieser Welt eingetaucht ist, dass sie gar nicht wahrnimmt, wie dünn die Handlung dieses Films ist, wie klischeehaft und holzschnittartig die Figuren sind, wie berechenbar und geradlinig der Handlungsverlauf ist. Gut, das ist eben Popcornkino: Hirn aus, Film an! Warum sollte man sich nicht ab und an verwöhnen lassen von einem Heldenepos, der klassisch zwei Links-zwei Rechts gestrickt ist? Wir Menschen als simple homini narrativi sind nunmal auch so gestrickt, dass diese Art von Geschichten und Identifikationsfiguren unser Herz leicht erweicht und erwärmt! 

Warum haben wir also trotzdem nach 45 Minuten ohne schlechtes Gewissen den Beamer ausgeschaltet? Die Antwort lautet Rhythmus. Rhytmus, Rhythmus. Alles ist eine Frage des Rhythmus und ohne den richtigen Rhythmus funktioniert ein Film nicht wirklich. Ums auf den Punkt zu bringen: Der Film trampelt auf dem Besucher herum wie ein Manta im Porzellanmuseum, weil er meint, es müssen schnelle, rasante, ballernde, explodierende, schreiende, furchtbar vorhersehbar vertonte Standardbestandteile des Hollywoodfilms dermaßen schnell an den Mann gebracht werden, dass er Mann und Frau dabei abhängt und die Genialität des eigenen Artworks verrät! Es ist eine Krankheit des neuen Kinos, vielleicht auch einfach des Genres Abenteuer-Action-Film, dass man meint, es müsse schnell und viel aus verschiedenen Richtungen und Blickwinkeln -mit ganz viel CDI-Grafik unterstütze - Superlativ-Kacke wie auf einem außer Rand und Band geratenen Sushiband am Zuschauer vorbeirasen! Aber selbst wenn er dabei einen delikaten Happen entdeckt, den er gerne genießen würde, dann ist dieser bereits zwei oder drei Stationen weitergerast und in unerreichbarer Nähe, während pausenlos neue Eindrücke auf den hungrigen Zuschauer einprasseln! 

Was bleibt? Mehr Masse als Klasse. 

Inhalt

Die Story ist natürlich trotzdem dünn, aber im kurzen soll sie hier vorgestellt werden. (Spoiler ab 5.)

1. Vorstellung des Helden: Ultrabösewichte versuchen ein russisches Atom-U-Boot zu kapern. Aquaman rettet und befreit sie, bringt dabei allerdings den Vater von einem der Terroristen um, der sich in dem Moment ewige Rache schwört

2. Erzählt wird die Vorgeschichte und die Herkunft des Aquamans: Seine Mutter wurde verletzt angespült und vom LEuchtturmwärther gefunden. Die beiden verlieben sich und zeugen ein Kind, bis die Vergangenheit die Mutter einholt: Wassermenschen kommen um sie zu holen, denn sie ist als Königin hochzeitsstrategisch eine wichtige Systemgeisel unter Wasser. Sie kehrt zurück. 

3. Aquaman lebt vor sich her, säuft mit Daddy und lässt sich mit harten Kerlen fotografieren

4. Die Unterwasserbewohner planen einen Angriffskrieg auf die Landbewohner, denn diese verschmutzen ja die Meere, sind aber nicht nur rücksichtslos sondern würden auch die Unterwassermenschen ausrotten wollen. Keiner will es glauben - in dem Moment wird die stattfindende Versammlung plötzlich von einem Menschen-U-Boot unter Torpedobeschuss genommen. Das überzeugt die Meeresbewohner, dass ihr neuer Führer recht hat. 

5. Schnell erfährt man, dass dieses Manöver aber eingefädelt und teil einer Intrige ist - ein eingefädeltes Täuschungsmanöver, um den bösen Unterwasserkönig seinen Plan Alleinherrscher über alle Meeresbewohner zu werden und Krieg zu führen zu ermöglichen. Buh! 

6. Los geht der Krieg mit einer Tsumami und einer Leerung der Meere von Müll und Menschenbooten. Der fällt Daddy von Aquaman beinahe zum Opfer. Gleichzeitig taucht eine andere Meeresprinzessin auf und bringt "Aquaman" auf die Spur, den er ist blutrechtlich der eigentliche Herrscher über die Meeresbewohner. Aquaman will das aber nicht. Er lässt sich überreden, lässt sich dem bösen König vorführen und unterliegt beim ritualisierten Schaukampf, der zeigen soll, wer der wahre - also stärkere - König ist. Statt zu sterben wird er aber von Prinzessin X..äh Mera gerettet und sie fliehen per Pinocciotrick vor dem blutrauschigen Halbbruder und Herrschaftsanwärter König Y ...äh Orm. 

7. Typische Doppelwegstruktur: Aquaman muss Aquaman werden und sich beweisen. Manta jagt ihn, Orm will ihn totsehen. Aquaman siehts ein und macht sich mit Prinzessin Mera Indiana-Jones-like auf die Suche nach dem goldenen Megadreizack, der ihm Macht, Ansehen bereiten und ihn damit zum König machen wird. 

8. Über mehrere Etappen, z.B. die Wüste Gobi und Sizilien, und gejagt von Assassinen und feindlichen Meereswesen finden sie den richtigen Weg zum Dreizack wo Mama-Aquaman auch wartet und die Frauen ihn darauf einschwören endlich zum König zu reifen. 

9. Der Dreizack wird von einem Mega-Urzeit-Bewohner bewacht. Aquaman gewinnt nicht durch Stärke sondern durch Empathie. Er kann sich nämlich mit Meeresbewohnern verbinden. Das macht er auch, nimmt den Dreizack und ist nun der richtige König Aquaman. 

10. Als König Aquaman auf König Y Orm trifft, der mit seiner Armee loszieht und erstmal der alleinige Meeresherrscher werden will,  kommt es zum Showdown. Aquaman ist jetzt stark genug und gewinnt im Zweikampf gegen König Y. Natürlich hat er sich während der gemeinsamen Reise auch mit Prinzessin Mera zum Paar entwickelt. Mama besucht Daddy. Manta lebt noch und will Rache für Teil 2. Fertig.