Montag, 4. Juli 2016

stimmige Seelensuche in der KHG: "Die Wandernutten"

Ja, der Name verrät, welchen Interpretationsstiefel man sich anziehen darf.
Dennoch kommt das Stück von 2004 von der Schriftstellerin Theresia Walser in der Inszenierung der KHG entspannend stimmig und geschlossen rüber.

Inhalt:

In drei Mikroszenen, die nebeneinander existieren, entfalten sich menschliche Abgründe und Sehnsüchte in einer Traumlandschaft, wie sie nur das Theater hinaufbeschwören kann.
Zu nennen ist hier zum einen die gesellige Männeressensrunde mit Albert, Rainer, Georg und Olaf: Sie unterhalten sich über das andere Geschlecht und ihre Verstricktheit mit diesem. Vom Verzicht bis zum Genuss scheint alles drinnen zu sein, bis die Stimmung kippt, als ein gewisser italienischer Likör getrunken wird.
Dem gegenüber stehen sich drei Frauen in einer Hotellobby. Die Damen befinden sich zunächst in einer klaren Hierarchie von unten nach oben. Die Rangordnung untereinander wird während des Stücks ansatzweise neu ausgefochten, wobei die Figuren parallel dazu vergleichsweise viel von sich selbst preisgeben. 
Schließlich gibt es noch das angesehene Paar Ronny und Ute im Park - Prominente oder Pornodarsteller - und ein natürlich unbekümmertes Mädchen, dass sich vordergründig vor allem (lange Rede - kurzer Sinn) mit einem Ast im Weg eines möglichen künftigen Liebesgefährten auseinandersetzt.

Die Drei Szenen entwickeln sich. Während die Männerrunde sich zunehmend in eine chaotische Destruktion steigert, weist die Geschichte um die Businessfrauen von Welt eine pointierte Dramatik auf. Ronny und Ute sowie das Waldmädchen erleben hingegen keine klare "Story". Hier dreht sich der Hauptfokus um das Innenleben und den Charakter der Figuren, bzw. um die modernen Fragen, die durch das Stück aufgeworfen werden.

Insgesamt handelt das Stück von Ansehen, Begehren, enttäuschter, gesuchter und unbefriedigter Liebe, Rangordnungen und Hierarchien, Macht und Zwangshandlungen. Fast alle Figuren stehen im Konflikt miteinander oder sich selbst. Anstatt sich zu behüten, bekämpfen sich die Figuren in atemberaubendem Tempo. Anstatt den Kern der inneren Unruhe zu erfühlen und sich selbst zu pflegen, werden die Konflikte im Umfeld ausgetragen. Somit handelt es sich gewissermaßen um ein Stück, dass einem am Negativbeispiel lernen lassen möchte, zur Selbstbesinnung zu kommen. 

Inszenierung:

Sehr spartanische und geschmackvolle Einrichtung des Bühnenraums in dunkel gehaltener, atmosphärischer Beleuchtung. Hinsichtlich der Bühnenraumgestaltung gelingt es, die Brücke zur modernen, bildenden Kunst zu schlagen. Die Konzentration des Stücks auf eine Hauptbühne wurde aufgelöst und der Spielort auf drei Bühnen  für die drei Mikroszenen erweitert. Die Szenen selbst werden bisweilen von passenden musikalischen Klängen ergänzt. Abgerundet wird das Stück durch eine geschickt gewählte Ouvertüre, die als Abschlusslied nochmals erscheint: Die harmonische Fassade des Lebens der Figuren wird durch ein paar störende Klänge im geordneten Abmiente bereits zu anfangs in Frage gestellt. 

Ein paar Erinnerungen: 

"Warum bringt einen nicht weiter - es ist wie Karussellfahren in den eigenen Wunden."
" Irgendeine der Uhren muss doch richtig gehen".
"Ein Satz. Sag einen Satz!"

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