Mittwoch, 24. Oktober 2018

Ein Stückchen Geschichte - Warum man "der Trafikant" gut lesen kann!

Warum man den Trafikanten von Robert Seethaler gut lesen kann, das soll im Folgenden kurz beschrieben werden. Dabei möchte ich kurz auf den Inhalt eingehen und dann - ganz unwissenschaftlich und subjektiv beschreiben, was das Buch in mir ausgelöst hast. 

Zunächst zum Inhalt: 

Geschrieben wird die Geschichte aus Sicht eines auktorialen Erzählers, der sich vor allem an die Versen seiner Figur Franz Huchel heftet, einem Jugendlichen, der aus dem Salzkammergut - tiefste Provinz Österreichs am Attersee - in das moderne, großstädtische Wien des Jahres 1938 kommt, um dort eine Ausbildung zum Trafikanten anzutreten, weil der Besitzer des Ladens der Mutter, die durch einen tragischen Unfall ihres Finanziers in Geldnöte geraten ist, ihr noch einen Gefallen schuldet. Franz trifft auf seiner Entdeckungsreise  in diesem schelmenhaften Bildungsroman auf den Trafikanten, niemand geringeren als Professor Dr. Sigmund Freud, ein tschechisches Mädchen names Aneska, die Gestapo, den Mitläufermetzgernachbarn und einige andere Figuren. 
Themen des Romans sind natürlich die Liebe mit ihren Verwirrungen und vor allem der Einbruch des Faschismus in die Welt des unbedarften und unschuldigen Franz, Randaspekte das Altern und die Krankheit Sigmund Freuds. Spoilern möchte ich nicht allzu sehr. 

Was hat das Buch in mir ausgelöst? 

Zunächst einmal viel Freude! Nach einem etwas beschwerlichen Start, wie bei so vielen anderen Büchern auch, kam ich schnell in die Sprache des Autors hinein. Diese ist sehr erzählerisch, plaudernd, gespickt mit Bonmots und Sentenzen, wie zum Beispiel derjenigen, dass man Semmeln nicht wegen des Geschmacks kaufe, sondern um satt zu werden. Ähnlich sei es bei Zigaretten im Vergleich zu Zigarren. Gleichzeitig erscheint der Roman perfekt recherchiert - an keiner Stelle merkt man, dass der Roman nicht aus der Zeit, die beschrieben wird, selbst stammt, sondern aus den 2000ern. So bildhaft taucht Wien, die Trafik, der Prater, die Varietéshow und die übergriffigen Diffamierungen gegen die Trafik vor dem inneren Auge auf, dass man ganz hineingezogen wird in eine andere Zeit. Erinnert hat mich das Buch von der Erzählkunst her an "Das Parfüm", in "gut", weil ich diesen Roman aus irgendwelchen Gründen nicht so besonders leiden mochte - mag es sein, dass ihm das tiefgreifende Thema fehlt, wohingegen jener die Gräuel des Nationalsozialismus ungeschminkt an die Wand pinselt und damit eine Relevanz hat - die Erinnerung desjenigen, was man nie vergessen sollte in Erinnerung zu behalten - die dem "Parfum" fehlt. Andererseits fühlte ich mich etwas an Thomas Mann erinnert durch das auktoriale, das leicht Staubige und Museumshafte, was auf den Sätzen zu liegen scheint und dem Buch die Feinheit und Kostbarkeit einer kleinen, goldenen Taschenuhr aus just jener Zeit verleiht. 
Gegen Ende des Romas muss ich gestehen, hat ich die Lesefreude ein wenig verlassen. Mag es an der Tristesse des Sujets liegen, die einen nicht mehr so gern zum Buch greifen lässt, mag es das holzschnittartige der Figur des Franz sein, der in seiner Rolle als Einfaltspinsel mit gutem Herz und gutmütig ein wenig zu bekannt und berechenbar agiert. Spoilern will ich jetzt immer noch
nicht.

Großartig sind dagegen viele Szenen, auch für sich und im Zusammenhang des Werks betrachtet. 
Am meisten Eindruck hat die Szene in der Metzgerei bei mir hinterlassen. Und ja, der Inhalt des Romans hat mich berührt und berührt mich, wenn ich ihn an mich heranlasse. 

Der Nationalsozialismus, bzw. jeder Faschismus ist grauenhaft, seine Verbrechen gegen die Menschen dürfen niemals vergessen werden und es ist eine Schande, dass es die AfD gibt und Gauland und Menschen, die das Holocaustdenkmal als "Schandfleck im Herzen Berlins" bezeichnen dürfen. In einem Kommentar habe ich gelesen, dass die AfD Funktionäre, die so unbescholten und naiv mit der brauen Vergangenheit Deutschlands kokettieren - sei es aus Naivität oder aus Erwägung als Strategie, um an politische Macht zu gelangen - sie sollten jedenfalls in Dachau oder Auschwitz, Sachsenhausen oder Buchenwald oder wo auch immer eine Art Bufti-Dienst absolvieren, am besten in den Gaskammern oder dem Trakt, der sich mit Dr. Mengele beschäftigt - bis sie verstehen, wie böse der Faschismus ist. 










Sonntag, 14. Oktober 2018

Doom over Würzburg

Immerhin ins Immerhin Würzburg ! 180 Bands pro Jahr! Alles ehrenamtlich - was für eine Leistung! Was für ein Schuppen!
Leaned Fumes

Gestern gaben sich Elder, Ancestors, Wolf Counsel und Leaden Fumes die Ehre und wieder darf ich merken, wie wenig ich mich in der Szene auskenne und wie wunderbar es ist, dass Menschen zusammen kommen und ihre Energien gemeinsam in dieser Art der Musik vereinen. Ja, ich merke, dass das geschwollen klingt, aber ist nunmal so. Ich hatte wieder ein paar Erkenntnismomente und die möchte ich mitteilen.

Leaden Fumes: Was wird da beschworen, wenn eine Stoner/Doom. Band spielt? Zu zweit stehen Bassist und Gitarrist am vorderen Bühnenende, hinter ihnen neben dem Schlagzeug die Boxentürme wie schwarze Löcher. Was ist eigentlich in diesen Boxen und was kommt raus? Klar kann sagen eine Magnetspule, eine Schwingmembran und Schwingung. Aber vielleicht kann man auch sagen, dass in dieser nihilistischen Szene lauter kleine schwarze Löcher auf einer Bühne zusammengetragen werden und in jeder Box steckt ein Teil dieses schwarzen, gesichtslosen Gottes, Antimaterie, denk dir was du willst, aber irgendwas kann man sich vorstellen steckt da drinnen und das wird dann gemeinsam beschworen und auf die Bühne und den Innenraum losgelassen.
Oldschool-Doom vom Feinsten. Derart düster, kompromisslos, schwer, hart, langsam, präzise, knackig. Gitarrist Flo sehr freundlich, Sänger und Bassist imposant mit seiner Juppe und Kappe wie ein working class hero, eine Figur aus einem Brechtdrama, schleudert Bitterkeit raus in seinem Gesang.

Ancestors Gitarrist



Ancestors: Bass, Gitarre, Synthies (3 Stück), Drumms. Verspielter Pop-Emo-Blues-Postrock, das mir wieder das Spektrum dieser Szene vor Augen führt. Wie hart und weich kann Musik gleichzeitig sein? Zu dritt haben sie teilweise gleichzeitig gesungen, Platz für jeden der Musiker, sich zu verwirklichen. Erinnerte mich an Shield oder Shoulder und meinen Schwager Rene. Zerbrechlich und hart gleichzeitig. Geht das? Ja! Kann man auch Elektro einbauen? Irgendwie schon, ja, der Synthie bewies es. Herzzereissend. So muss eine Ballade klingen!

Elder.
Was soll man sagen? Unfassbar gut. Mehr nicht.

Elder
Funfacts: Direkt gegenüber vom Konzertsaal war Vortanzen des Poledance Heavens. Da sind Welten aufeinander getroffen, aber vom Feinsten!
Ein Anti-Ultrafan hat vielleicht absichtlich einen FCN Aufkleber ins Pissoir gelegt. König Fussball und seine kreativen Fans