Sonntag, 24. Mai 2020

Hart aber herzerweichender Feelgood-Roman: "Der Hund von Balard" - Ludovic Roubaudi.

"So schön und so traurig wie ein Lied von Edith Piaf", wie das Buch beworben wird, ist der kurzweilige und überschaubare Roman von Ludovic Roubaudi (267 Seiten) wirklich nicht. Der Vergleich hinkt und stinkt nach Werbeslogan und Verkaufszahlen-Kreativität. Aber dafür kann der Autor nichts und wie man so sagt, bleibt er ja an der Türschwelle seines Werkes stehen. Wirken und bestehen vor dem Publikum muss es dann ganz alleine.

Ich schreibe das, weil ich über "Perlentaucher.de" einige Rezensionen zum Buch gelesen habe und diese sehr unterschiedlich ausfallen. Aber dafür gibt es gleich das zweite Zitat von jemand anderem: "Im Theater gilt: Jeder ist sein eigener Columbus." (Bert Brecht) Welche Welten und welches Gefühl hat der Roman also bei mir geweckt? Zugegeben, aufmerksam wurde ich auf das Buch durch ein weiteres Zitat von Anna Gavalda. "Ein Buch, das ich selbst gerne geschrieben hätte." 

Gavaldas Buch "Zusammen ist man weniger allein" ist ein ganz besonderes Buch für mich, dass mich aufgeweckt hat. Und gleichzeitig ist es ein unterhaltsames Buch - docere und delectare, wie es Horaz fordert, ohne dass ich das damals wusste. Und wenn meine "Götterautorin" so etwas über ein Buch aussagt, dann musste ich doch zugreifen! 

Für mich ist der Roman, der im Milieu der schmutzigen Pariser Vororte spielt, im Milieu der Zeltbauer und Angespülten, vom Feeling her ein absoluter Feelgood-Roman - überhaupt nicht traurig. Die Story ist vorhersehbar aber trotzdem so fesselnd von einem Ich-Erzähler wiedergegeben, das Umfeld, in dem die Zirkushandlung angesiedelt ist, so unterhaltsam und tragisch komisch, dass es ein Vergnügen ist, diesem Universum beizuwohnen!
Dabei geht es hart zu in dieser Welt, viel härter, als in meiner und ich bin auch froh kein Teil dieser Welt zu sein - aber umso entzückter vom Wunder der Literatur, die uns in Welten führen kann, die wir so nicht kennen. 

Und so ist die gezeigte Welt hart, man schmunzelt oft über die dargestellte Dummheit einzelner Figuren und ergötzt sich bestimmt in gewisser Weise am Voyeurismus in der Welt der Benachteiligten und von der Gesellschaft vergessenen (GTA für Gute?). Es ist, wie wenn man einen Boxkampf miterlebt, ohne die Schmerzen zu empfinden. Voll drinnen in einer Welt, die dem Ottonormalleser eigentlich zu hart ist. Denn an manchen Stellen wird hart ausgeteilt in diesem Roman. 
Dabei lernt man wenn man den Roman liest etwas über Jumbo, den Elefanten nach dem auch heute noch alles gigantisch Große benannt wird, man lernt viel über Tiere und Zirkustiere, über Zelt- und Bühnenbau, etwas über Männer- und Frauenklischees, doch kaum etwas über die Liebe. 

Besonders gut gefallen hat mir ein Kapitel über das Arbeiten über das normale Maß hinaus und gegen die Müdigkeit: Die Jungs im Buch müssen innerhalb einer Woche ihr Zelt aufbauen - Innen und Außen und gleichzeitig in einer Konzerthalle arbeiten. Sie schlafen kaum und Roubaudi beschreibt sehr nachvollziehbar für mich - Team Gastro Afrikafestival ;) - was passiert, wenn die Müdigkeit mit an Board ist. 





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