Montag, 2. Juni 2025

Das OMA und Mandrax Queen - Warum beides gut für Herz und Seele ist

SPOILER: Das Festival ist überhaupt ganz und gar nicht so morbide, wie das Plakat vermuten lässt :) Man nehme ein Weingut in der Nähe von Karlstadt mit einer angegliederten Heckenwirtschaft. Man nehme ein offenes Winzerpaar mit Kunst- und vor allem rockaffinen Kindern, man nehme einen Freundes- und Helferkreis dazu, baue eine Bühne, erstelle einen Campingplatz, stelle einen Zapfwagen und zwei zusätzliche Komposttoiletten auf, lade ein paar der in der Szene bekanntesten Heavy-Rock Bands und ein paar absolute Lokalheros und Neustarter der hiesigen Szene ein, nutze noch die Connections zu einem befreundeten Partykollektiv, stelle eine saftige Anlage in einen kleinen Schober oberhalb des Wohnhauses und der Hecke, mache das ganze auf Spendenbasis, organisiere Artwort, Securitys, Schichten und Helferpläne, gestalte noch eine zweite Palettenbühne für Lesungen oder Musik während des Umbaus in einem Steingarten dazu, kläre das irgendwie mit den hiesigen Verantwortlichen, organisiere Licht und Bühnentechnik, ein paar kochwütige Herzensmenschen mit Herz für Tieren und heraus kommt so etwas wie das OMA-Festival. Klein, herzlich, offen, inspirierend. Absolut menschlich. Was können Menschen denn bitte Besseres machen, als ihre Ressourcen und Fähigkeiten mit andern zu teilen, ein "Come-Together" zu organisieren auf Spendenbasis und mit vegetarischer und veganer Küche? Jeden einzuladen, solange er sich an die Regeln des pazifistischen, antirassistischen Miteinanders hält? Mir fällt wenig Besseres ein!

Und damit kam ich in den Genuss, zwei Abende voller Konzerte und Live-Acts und einen Morgen voller Kunst und viele kleine Momente  voller wunderbarer und wertvoller Begegnungen in mein Bildgedächtnis einzubrennen. 

Neben den Lesungen von den drei Slamern Mr. Nils Nektarine,  Taliaklenk oder Rune zu ganz unterschiedlichen Themen, aber auch zu dem ernsthaften Thema, wie es ist, als Mensch mit ADHS zu leben und dem Herzensthema Akzeptanz von transgender und heteronormübersteigender Lebensgestaltung, habe ich zu Anfang ankommen dürfen zu den zauberhaften Melodien und Freiheitsgitarren-Soli von PYRAMID, dann Mandrax Queens Bühnenfeuerwerk zum zweiten Mal live erleben dürfen und das brachiale, ursympathische Urgestein "Weedwizard" entgegengeschmettert bekommen. Ich wurde dann von Dojo Rich wieder daran erinnert, wie unfassbar kreativ Menschen sein können (5 Digeridoos, ein paar Perkussionsinstrumente, unendlich aveolare Luftströme, Passion und Explorationslust) , erlebte das beherzte Set von "DÄSCH" ("You want a love song? THIS is my Love song!)  bis die Bühne kaputt ging, hörte wieder die schöne, ehrliche und vertraute Stimme von "Lovely, lovely Wierdo", lies mich von BLACKSMOKER wegblasen und was ich noch an Energie hatte, wollte ich den Pawn Painters nicht vorenthalten (SCREAMO!).Unglaublich auch die Zappeldrangcrew mit Hightech-Sound, Gebretter aller Art, Drum-n-Bass und viel Liebe. Das ist jetzt nur ein kleiner Ausschnitt. Und ich könnte auf jede Band im einzelnen Eingehen...Aber dafür habe ich leider nicht die Zeit. Work work work for a better world world word calls.

Jetzt also noch kurz Mandrax Queen: Wer irgendwann die Möglichkeit hat diese Band live zu erleben, der sollte die wahrnehmen! Nicht nur weil man selbst als Nicht-Musik-Nerd das Label "handgemachte Rockmusik" spätestens dann, wenn man die zusammen spielen sieht, zu verstehen und wertzuschätzen lernt, sondern auch, weil die Songs vor Funk strotzen und die Band den Funk so richtig aus den Songs raussqueezt, weil die Songs Explodieren können und zeigen, wie viel Kraft und Schub Stoner Rock haben kann, weil sie mitreissen und die Band auch mitreisst oder sich mitreissen lässt, Spaß an der Sache hat und nicht nur "runterzockt", was sie so haben. Das ist das eine, das Musikalische und Handwerkliche und so. Und jetzt noch das viel Wichtigere, andere: 

Weil die Songs authentisch sind. Sie sind von Menschen für Menschen. Über gute Zeiten, über schlechte Zeiten, hoffnungs- und trostspendend, dass alles besser werden könnte. Ja ja, das klingt ein bisschen nach Sozialkitsch, aber: You might call me a dreamer, but i am not the only one. Musik verbindet. Love Love Love. (Übrigens ein bisschen so ähnlich wie Gunships "When you grow up your Heard dies") Und um es vielleicht ein bisschen zu beschreiben: Man nehme ein bisschen die Melancholie und den 80ger Jahre Wave Touch von The Cure, den Funk von den Chilli-Peppers und eine riesengroße Brise Stoner Freedom-Blasting und dann kommt man vielleicht bei ihnen an, wenn man Mandrax Queen anhört, was auch unglaublich gut ist. Aber - ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unbeschreiblich all das live ist!!! Und ich mag es nochmal wiederholen: Unbedingt live sehen und supporten!

Die Hits, an die man sich erinnert: Love, Love, Love oder Lights out. Und als Hörpobe vielleicht das hier



Dienstag, 15. April 2025

Hallo! Ich bin Martha und vielleicht finden wir ja jemanden für meine letzten Jahre oder als Unterstützung für Martin!

 

Hier gibt es eine Diashow. Alle Fotos sind von 2025. https://youtu.be/sgmQQshF7-c
Hallo!

Ich bin Martha, eine 12,5 Jahre alte Shiba-Husky Dame. Ich bin ein ganz besonderer Hund. Besonders schön, schau dir mal meine Augen an und mein fuchsartiges Aussehen! Wenn du wüsstest, wie viele Komplimente ich täglich bekomme! Ich bin außerdem besonders selbstbewusst, charakterstark und für mein Alter noch sehr gut in Form. 

Ich kann immer noch Jagen und ein Teil der Wildnis sein und mich dabei beobachten lassen. Ich kann aber auch einfach nur den ganzen Tag abflacken und mir die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und ab und an ins Licht blinzeln. 

Ich kann ganz gut alleine sein, bin mit zweimal Gassi am Tag zufrieden. Ich mach mein Ding beim Gassigehen, kann easy freilaufen und renne nicht weg. Suche keinen Stress mit andern Hunden und werde auch von diesen bewundert und respektiert…Ich bin gehorsamer als viele andere Hunde und ziemlich unkompliziert.
Alle Welt sagt: Ich bin ein Traumhund. 

 

Meine Vorbesitzerin war allerdings zu sehr in andere Dinge eingespannt, um mir voll gerecht zu werden. Deswegen hat sie mich abgegeben. 2024. An Freude aus einer schon bestehenden „Gassi-Unterstützungs-Gemeinschaft.“ Daher kannte mich Martin auch schon. Seit 2018 sogar. Nach ein paar Turbulenzen habe ich dann für mich und Martin etwas überraschend ein Körbchen bei ihm gefunden. Ich war öfters mit ihm Gassi, Joggen und wir hatten auch schon Wochenendsausflüge und sowas gemacht. Einmal war ich sogar über Weihnachten mit bei ihm und seiner Familie. 

Schon damals und seit ich bei ihm bin, pflegt er mich liebevoll und achtet sehr darauf, dass ich genügend Auslauf habe, genügend wild sein darf, aber auch genügend ruhen kann. Ich glaub, er sieht mich. Er nimmt mich manchmal auch mit in seine Arbeit, damit ich nicht so viel alleine sein muss. Das lass ich aber eher über mich ergehen, als dass ich es mag. 

 

Jetzt ist es aber so, dass Martin schon seit er mich übernommen hat, grübelt, ob er  wirklich auch das Beste für mich bieten kann. Kurz gesagt: Er denkt, ich hab es gut und er bietet mir so ca. 75%. Aber 100% wären geiler! Wo hakt es? 

1. Zeit. Martin arbeitet. 75% als Lehrer. Wenn dann noch Konferenzen und Korrekturen dazukommen, ist er schon ziemlich eingespannt. Er macht sich Sorgen. Was, wenn ich dann krank werde und mal zum Tierarzt muss? 

2. Zeit zum Zweiten: Martin kümmert sich quasi alleine um mich. Er hat bisher keinen Partner in seinem Leben und sein Mitbewohner ist zarte 20 und nicht unbedingt Hundeflüsterer und auch viel unterwegs in der Schule, hat keinen Führerschein  und so. Also wenn es hart auf hart kommt, ist nur Martin da. Und das findet er schon ziemlich herausfordernd. Die alleinige Verantwortung. „Wenn’s Martha gut geht, ist alles easy!“, sagt er immer, „aber sobald es ihr nicht mehr gut geht und ich mehr Zeit für sie brauche, merke ich a) wie alles drumherum instabil wird und b) wie herausfordernd oder belastend es sein kann, quasi alleinerziehender Hundedaddy zu sein“. 

3. Die Wohnsituation: Martin wohnt im 3. Stock in einer Wohnung in der Zellerau, nahe der Hauptverkehrsader, der Frankfurter Straße. Klar, wir sind recht schnell am Main oder an der Waldspitze. Martin scheut sich auch nicht davor und packt mich mal ins Lastenrad, damit ich im Sommer nicht total ko und pfotengegrillt erst im Kühlen ankomme. „Aber so ein Häuschen mit Gärtchen…oder weniger Treppen…Das wär schon was!“, denkt er sich.  

 

4. Martin braucht auch manchmal Zeit für sich selbst. „25% weniger wär cool“, sagt er immer, was ich ihm nicht übel nehme, weil er ja trotzdem die 100% durchzieht. Aber klar, er versucht meinen Bedürfnissen immer voll gerecht zu werden. Und das passiert natürlich auch auf Kosten seiner Bedürfnisse. Was ich geil finde, weil mir geht’s ja gut, hehe. Aber der Arme. Klar, er würd schon gern mal wieder mehr von der Welt sehen, seine Partnersuche entspannter in Angriff nehmen können oder sich nicht immer den Kopf zermarthan (hehe), wie er mehrtägige Ausflüge oder z.B. im Sommer drei Wochen am Stück ohne mich verbringen kann, wenn die Jungs eine Fahrradtour in der Slowakei machen.

 

(Und an wen oder was denkt er so?)

Ja. Und dann war er eben mal in Donauwörth. Bei seinem Papa. Im Reihenhaus mit Balkon, raus zum Garten. Weil er da Äpfel und Pflaumen aufgesammelt und verarbeitet hat, weil sein Papa nicht da war. Und ich war mit dabei. Und der Martin hat gesehen, wie gut mir das gefallen hat. Ich bin entweder drinnen im Wohnzimmer rumgeflackt oder im Garten. Ziemlich losgekoppelt vom Martin. Ich hab einfach mein eigenes Ding gemacht und das Leben genossen. Mir hat es da so gut gefallen und ich hatte so den Überblick. War einfach geil. Ich konnte dem Martin ein bisschen zukucken, wie er im Garten Äpfel aufsammelt und ich konnte ihm n bisschen zukucken, wie er die Äpfel und so in der Küche verarbeitet. Ich war aber vor allem die ganze Zeit über übelst gechillt. Und das hat der Martin gesehen. Das war im September 2024. Und seitdem arbeitet es in ihm. „Mensch, die Martha bräuchte n Päarchen. Mit so nem Haus am besten, am besten mit Garten. Irgendwo, wo es nicht so laut und hektisch ist, wie in der Zellerau, nähe Frankfurter Straße.  Wo sie aber auch gerade noch genügend Gewusel hat, um sich nicht zu langweilen. Wo Vögel rumfliegen, mal Fremde am Zaun entlanglaufen…Wo sie aber auch selbst entscheiden kann, wann sie drinnen und wann draußen ist. Am besten mit ner Katzenklappe oder sowas. Vielleicht ältere Leute, die schon pensioniert sind und noch eine Granny aufnehmen wollen würden. Da ist immer jemand zuhause, da wäre die Martha nicht alleine. Oder vielleicht auch jüngere Leute, n Päarchen. wo jemand im Homeoffice ist, da wär dann auch immer jemand zuhause. Irgendwie sowas bräuchte sie.“ 

 

Wichtig ist dem Martin nur, dass ihr mich lieben und aufnehmen würdet und auch versuchen würdet, mich zu SEHEN, nicht mich zu besitzen und zu etwas zu zwingen, dass dich gar nicht bin. Ich bin ein Lebewesen. Kein Accessoire, kein Schoßhündchen und KEINE Wärmflasche, Schmusedecke, kein wunderschönes und lebendiges Kuscheltier. Bäh. Nee, solche Menschen, die sowas in mir sehen mag ich gar nicht und lasse ich auch gekonnt abblitzen ;) Also – ich will jetzt nicht zu hart klingen. Nach einer kleinen Kennenlernphase lasse ich mir schon sehr gerne den Bauch kraulen und die Ohren massieren, wenn ich auf dem Sofa liege und fange beinahe an zu schnurren.  

Und ich zeige auch unglaubliche und reinste Wiedersehensfreude oder Gassi-Geh-und Lebensfreude! Aber wenn du denkst, ich unterwerfe mich gleich, nur weil ich ein dummer Hund bin und Hunde so sein müssen – vergiss es! Ich bin anders. Ich beuge mich nicht. Ich lebe mit dir zusammen, auf Augenhöhe und nicht darunter. Ich verehre dich, akzeptiere und respektiere dich. Aber ich bin nicht gezüchtet worden, um dich anzuhimmeln. Dafür bin ich noch zu pur. Und weißt du was? Trotzdem kann ich ein paar Kunststücke! Sitz, Platz, Rolle, Kreis, Warten und dir hinterherrennen, ich kann zum Tragen hochspringen und wenn du mit mir Heulen willst, lass ich dich auch nie im Stich. 

 

Jaja, wenn ich mir das selbst so anhöre: Geiles Leben, Martha. Und geiler Hund bist du. Stimmt. Und schweren Herzens aber ohne Druck sucht Martin nun eben in erster Linie entweder ein Pärchen oder eine Mehr-Menschen-Konstellation, der mich entweder ganz aufnehmen würde. Oder eine Partnerin oder Mitbewohner:in, (das wäre ja sogar das Leichteste! ), der sich vorstellen kann, wirklich als FESTES und VERLÄSSLICHE Unterstützung und auch in Krisenzeiten für Martha dazusein. Also ein gutes Stück mehr als „Ja, ich geh schon mal mit ihr Gassi!“ oder „Ja, wir können sie schonmal über Nacht nehmen.“ Sondern jemanden, der sie selbst auch in ihr Herz schließt und auch bereit ist, Verantwortung für sie zu übernehmen. Schlimmstenfalls auch Tierarzt-Fahrten, bishin zur letzten 😢

 

Martin ist da offen. Aber er stellt auch Bedingungen


1. Es darf kein Downgrade sein. Es muss für Martha besser sein als jetzt. 

2. Martin ist es super wichtig, dass er, wenn Martha fortkommt, er Martha dennoch sehen und auch zum Spazierengehen usw. „ausleihen“ darf, auch wenn sie nicht mehr bei ihm wohnen würde. Die beiden lieben sich, es soll für Martha nur noch schöner werden. 

3.  Man darf sich Zeit nehmen beim Kennenlernen. 

 

 

Ja im Kern ist das so die Geschichte, wie ich sie schreiben würde, vom Martin und der Martha und wie es weitergehen darf. Wenn du Interesse hast, uns kennenzulernen schreibe eine schöne Nachricht, einer Bewerbung vielleicht nicht unähnlich auf Facebook oder auf Dingsdagram (martinscherzig) Und dann könnten wir uns ggf. kennenlernen! 


P.S.: Falls sich jemand findet, kann man natürlich noch über das Thema "Kosten" sprechen. Und auch dieses "Ich würde Martha gern weiter sehen" ist hier vielleicht etwas sentimentaler eingefärbt geschrieben, als es in der Realität bei einer Eingewöhnung / Umgewöhnung sein muss. Wenn es Martha gut täte, träte ich natürlich zurück. (So wie ich Martha kenne, ist sie aber ziemlich unkompliziert und lässt sich und ihr Herz erobern darüber, dass sie gesehen wird und sie gut geführt wird). Danke an Dirk Oliver Trapp für den Hinweis, dass dies hier missverständlich gelesen werden kann. 

Mittwoch, 9. April 2025

Flow - ein postapokalyptisches Märchen. Aber warum die Oscars?

Inhalt: 

In einem idyllischen Wald wohnt eine Katze in einem überaus idyllischen Haus als Mitbewohner eines Schnitzers und Katzenliebhabers. Sie hat nicht viel mehr zu tun, als Streifzüge zu unternehmen. Dabei erlebt sie ihr erstes Abendteuer, als sie ein Rudel Hunde auf sich hetzt, weil sie diesen einen Fisch stibitzen will und die Hunde das mitbekommen. Es kommt zu einer abenteuerlichen Flucht, die gerade noch gelingt. Dann kommt das Unvorstellbare: Eine Flut setzt ein, erst mit einer Flutwelle, als wäre ein Damm gebrochen. (Ab hier dann Spoileralarm). 
Doch damit nicht genug: Das Wasser steigt und steigt und steigt, so dass es am Folgemorgen sogar das Haus, in dem die Katze wohnt, übersteigt und diese sich auf eine kleine Nussschale flüchten muss, die angespült wird. Darin befindet sich bereits eine Wasserratte (Nutria) ein Capybara (Wasserschwein)
, die sie bereitwillig akzeptiert. Widerwillig nehmen die beiden auch einen Lemuren auf, der ähnlich wie eine Elster an einer Art Sammelmanie leidet. Schließlich sind sie auch gezwungen, einen Labrador aus dem Hunderudel aufzunehmen. Die Nussschale ist inzwischen ein kleines steuerbares Segelboot geworden. Zuletzt schließt sich der Gruppe ein Sekretärsvogel (?) an, der sich schützend vor die Katze stellt, und deswegen von seinem Schwarm verstoßen wird. 

Gemeinsam steuert diese seltsame Konstellation, die irgendwie auch an die Bremer Stadtmusikanten erinnert, auf eine seltsame vielversprechende Felsenformation zu, die sie sich als Ziel in der irren Welt ausgesucht haben. Immer wieder taucht ein großer Art Walfisch auf und hilft der Katze. Die Tiergruppe trifft auf die anderen Hunde aus dem Rudel und nimmt diese auch auf, was aber wiederum zu Verwirrung und Streit auf dem kleinen Segelbötchen führt. 

In den Turbulenzen wird die Katze von Bord geschleudert und scheint auf sich alleine gestellt und verlassen. In einem Deus Ex Machina- Moment verschwindet das Wasser auf einmal, bzw. aus den Fluten tauchen Laubbäume und dann auch wieder grüner, bemooster Waldboden auf. Das Wasser ist weg. Die Tiere finden sich wieder. Nur der Wal, der die Katze so oft unterstützt und gerettet hat, ist nun der Leidtragende. Er verendet. Die Katze ist traurig, die andern Tiere trösten sie. Nach dem Abspann sieht man versöhnend einen Wal in einem Ozean tauchen - ist es derselbe? 

Technik / Genre

Der Film kommt ohne Synchronsprecher aus. Die Tiere haben nur wenige menschliche Attribute (ein Segelboot steuern, teilen, sich für andere einsetzen). Der Film ist poetisch realistisch. Man sieht nie einen kackenden Hund und es kommt auch nicht zu großen Hungerstreitigkeiten oder krassen Territorialkämpfen, wie zu erwarten wäre, geschweige denn, dass die Tiere sich auffressen. Klar, ein Kinderfilm halt irgendwie. Mit Happy End, aber nicht easy going. Die kleine Katze muss viel durchmachen...

Meinung: 

Irgendwie natürlich süß, das haben Tiere so an sich. eine niedliche kleine vorsichtige Katze, die oft nass wird - wie kann man das nicht niedlich finden? Aber im Vergleich zu anderen Dingen, die ich kenne nun nicht atemberaubend, weder von der Handlung noch von der Technik. Also solider Kinderfilm. Irgendwo zwischen Littlefoot (ohne Erwachsene die Welt bewältigen), The Road (sich durch eine postkatastrophale Welt durchschlagen) Avatar (die Faszination der Umwelt), Schiffbruch mit Tiger und Bremer Stadtmusikanten. Alles davon aber nichts richtig. Irgendwie auch wie ein Computerspiel...Und dafür wäre es vielleicht besser? 

Freitag, 10. Januar 2025

Call me by your name - quite emotional

"Call me by  your name" -  kunstvoll und sinnlich  knisternde  Phantasie  und Homage über die lebendige Liebe,  subjektive Gefühle, das  Leiden - und  liebevolle Eltern.


"Im Wasser sind wir schwerelos" - lähmend, fesselnd, rührend.

 "Im Wasser sind wir schwerelos", Tomasz Jedrowski, 2020.

 

Inhalt: 

Das Buch erzählt die Geschichte von Ludwik und spielt in Polen, grob in der Zeit der 70ger, 80ger und beginnenden 90ger Jahre.  

Es setzt an mit Kindheitserinnerungen Ludwiks. Er entdeckt seine Homosexualität und kann sie nicht schamfrei ausleben. Er erinnert sich an einen seiner frühen Grundschulfreunde, Benieck. 
Bei ihm wird er sich als Erstes seiner homosexuellen Neigung bewusst. Die beiden spielen zusammen und werden nass im Regen. Als sie sich zuhause im Trockenen abtrocknen und umziehen, fällt Ludwik auf, dass ihn der Anblick betört. 

Die beiden sind dann zusammen auf einem Kommunionsausflug in einem Lager. Auch dort passiert ein romantischer Moment, als die Leiter einen Tanzabend für ihre Zöglinge organisiert haben und das Licht auf einmal für einen Augenblick ausgeht. Ludwik umarmt Benieck - das Licht geht wieder an, alle Augen - so meint Ludwik - sind auf ihn gerichtet und er versinkt in Scham. 
Doch bevor Ludwik die Situation auflösen kann, verschwindet Genick von einem Tag auf den andern. Ludwik - und auch der Leser - kann sich das erstmal überhaupt nicht erklären. Nach einiger Recherche versteht man es: weil er Jude ist. Das verwundert. Judenvertreibung nach 1945? Ja, und erst mit dem Studium der polnischen Geschichte wird klar, dass die Juden nicht nur in Deutschland und nicht nur während des Zweiten Weltkriegs Sündenböcke wurden. Auch in Polen in der jüngeren Geschichte wurden sie instrumentalisiert, als die sozialistische Regierung versagte. Um ihre Popularität zu steigern wurde der 6 Tage Krieg innenpolitisch ausgeschlachtet. Juden wurden letztendlich unter Druck gesetzt und vertrieben. Dieser Vertreibungswelle ist wohl auch dieser Junge, Benieck,zum Opfer gefallen. Er fehlte bei der Kommunion und als Ludwik sich erkundigen will, findet er eine neue Familie in dem Haus, in dem Benieck gewohnt hatte. Ihn wird mitgeteilt, dass Benieck nach Israel verzogen sei. (Die beiden hören auch zusammen das erste Mal "Die Beatles": I wanna hold your Hand).


Zwischenzeitlich wird auch erzählt, wie sich Ludwik in einem Park seine ersten sexuellen Erfahrungen mit einem Mann holt.

 

Der zweite grosse Erzählstrang und das zweite Kapitel des Buchs beschäftigt sich mit der Studienzeit Ludwiks in den 80ger Jahren. Wie es in der Zeit des Realkommunismus in Polen wohl üblich war, werden alle jungen Leute zum Erntedienst einbezogen. In einem Lager ziehen die Jugendlichen aller Schichten rote Beete aus dem Feld. Hier wird Ludwik Janusz treffen. 

Ludwik hat eine Freundin, Karolina. Sie ist sehr progressiv und selbstbestimmt und freiheitsliebend und wettert viel und riskant gegen das bestehende System. Ludwik schätzt sie sehr, aber auch jetzt hat er noch niemandem offenbart, dass er homosexuell ist. Karolina scheint das allerdings zu ahnen, denn es wird nun einmal erzählt, wie sie ihn nicht lange vor dem Lagerbesucht mitgenommen hat in eine Bar, die in homosexuellen Kreisen sehr beliebt ist. 

Ludwik schämt sich und ist dort mit der Situation überfordert, er möchte weg und seine Natur weiter verdrängen. Aber er schnappt dort ein Gespräch auf, in dem von dem Buch „Giovannis Zimmer“ geredet wird. Er organisiert sich das Buch umständlich und mit viel Aufwand, da es aufgrund seines Inhalts eigentlich nicht erhältlich sein sollte. In ein anderes Buchcover eingeklebt (Zensur, Spionage, Homosexualität ist im Ostblock "Sodomie" oder eine "Perversität" ), hat er es mitgenommen auf den Erntedienst. Und damit kehrt das Buch nach dieser Rückblende auch wieder in die Erzählgegenwart zurück.

Ludwik geht dem Kontakt mit Janusz aus dem Weg. Er möchte keine peinliche Situation erleben, obwohl er ihn wirklich anziehend findet. Dennoch spielt der Zufall sie zusammen, da Ludwik gerne spazieren geht und Janusz gerne Schwimmen geht. Die beiden treffen sich am Laufe des Flusses im Lager und Janusz geht auf Ludwik sehr offen zu. Dieser reagiert nur und obwohl er ihm aus dem Weg gehen will, sucht dieser ihn doch auf und überrascht den zurückgezogenen Ludwik beim Lesen. Er erkundigt sich nach dem Buch. Und es kommt infolgedessen zum Austausch des Buchs - ein Symbol, denn es offenbart wohl Ludwiks homosexuelle Natur. Ludwik ist angespannt, da er nicht weiss, wie Janusz reagieren würde. Er hat Angst vor Zurückweisung und der nächsten Enttäuschung. Doch wider seine Befürchtungen lädt Janusz ihn ein, ihn vor Ende des Sommers und nach dem Lager noch ein paar Tage in den Masuren zu verbringen.


Das dritte Kapitel erzählt von einem glücklichen Sommer der beidem an einem See. Sie geniessen sich und unbeschwerte Tage und leben ihre Sexualität vollkommen frei und ungestört miteinander aus. Erste Differenzen zwischen beiden zeichnen sich aber schon ab, als die Frage im Raum steht, wie es weitergehen soll nach diesem Sommer. Janusz wird eine Stelle beim "Zentralamt für Pressekontrolle" antreten. Er arrangiert sich mit dem System, Ludwik dagegen träumt von echter Freiheit, wie sie nur im Westen vorzufinden ist. Bereits mit seiner Mutter und Oma wurde er Zeuge der Propagandalügen innerhalb Polens, denn gemeinsam hören sie heimlich freies Radio.


Dann beginnen die Wirrungen des Romans. 

Ludwiks Sympathie und Interesse für die Freiheitsbestrebungen der systemkritischen Arbeitergewerkschaften trifft auf Janusz pragmatisch-opportunistischen Anpassungswillen und Karrieredenken. Janusz pflegt auch eine Liebschaft, aufgrund der Kontakte die sie ihm bereitet und der Deckung, die ihm die Heterobeziehung bietet. 

Die Lebensmittelpreise werden teurer, die Schlangen vor Läden und anderen Bezugsstationen werden grösser. Ludwiks Haushälterin, die sich liebevoll um ihn kümmert, erkrankt an einer bösen Lungenentzündung, aber hat so gut wie keine medizinische Unterstützung in naher Aussicht. Obwohl sich Ludwik immer mehr abwendet, spielt das Schicksal die beiden doch immer wieder zusammen. So erfährt Janusz von der prekären Situation und kommt einige Tage später mit einem von ihm durch Beziehungen arrangierten Privatpraxen-Termin für die Haushälterin bei Ludwik vorbei. 


Es gelingt ihm außerdem den urkritischen Ludwik dazu zu überreden, seine Liebschaft kennenzulernen. Auch für Ludwik steckt hierin ein Vorteil, da er Beziehungen für seine Doktorarbeit braucht, weil er wohl Mitbewerber hat, die Kontakte zur Parteispitze haben würden. Sie ist eine freundliche Frau. Zuerst gehen sie auf eine Party von ihr. Ludwik erlebt überrascht, wie die Oberschicht Privilegien geniesst, während die Unterschicht sich im Verzicht üben muss (Torte, Sekt, Westmusik, Zigaretten...). Dann begleitet er sie und ein paar andere Bekannte ins Wochenende-Haus der Eltern im Wald. Hier nehmen sie gemeinsam einen LSD Tee zu sich. Ludwik ist im Rausch und überfordert, aber auch angewidert von der ständigen Lüge und dem strategischen Vorgehen Janusz'. Er entzieht sich der Situation und bricht den Kontakt zu Janusz ab.


Anschließend schwelen die Arbeiterproteste an und er beteiligt sich indirekt, indem er Flugblätter aus einem Fenster wirft. Nur durch Mithilfe anderer Bürger entkommt er der Sittenpolizei. 


Schliesslich entscheidet sich Ludwik dazu auszuwandern. Er stellt einen Ausnahmeantrag bei der entsprechenden Stelle. Auch hier zeigt sich, wie mächtig und böse das System ist. Zum einen ist dem System bekannt, dass Ludwik homosexuell ist. Zum andern möchten sie auch ihn zum Verrat anstiften. 


Ludwik entscheidet sich ein einziges Mal um Hilfe zu bitten und seine Kontakte auszunutzen. Er bekommt durch das Zutun der Liebschaft Janusz einen Ausreisepass und ein Visum und lässt Janusz zurück. 



Wirkung/Meinung:

Das Buch nimmt  einen mit, denn die Hauptfigur leidet. Es erinnerte mich an einen lnagsamen, sich über den ganzen  Roman erstreckender Unfall,  dem man tatenlos  und  wie in  Zeitlupe zuschauen muss, denn die  Homosexualität  scheint ein  Unglück   zu sein, weil sie kriminalisiert  wird. Und  dennoch hat das Buch  einen  Lichtschimmer am Ende, denn Ludwik  bewahrt sich seinen Stolz und seinen Selbstwert. Er  geht  seinen  Weg, auch wenn er hart ist. Ich habe vor allem sehr viel durch das Buch gelernt über eine Welt, von der  ich nicht  viel wusste. Gerade der Antisemitismus nach 1945  war für mich vollkommen neu. Auch die Zwangsarbeitsaufenthalte auf dem Land für alle Bürger war für mich neu, ebenso wie  Borschtsch  oder die Musik  von "Blondie".


Ein starkes Buch über  Liebe und Homosexualität. Vielleicht vergleichbar mit "Call me by  your  name" von 2017.



Aufklärerisch: 

- Rolle von Kontakten

- Antisemitismus nach 45 (!)

- Rolle der Russen im Zweiten Weltkrieg, da sie zugeschaut hätten ohne eine Kugel zu feuern, als Warschau zerstört wurde

- Kulturpalast Stalins. 

 


 

ciota = "Schwuchtel" 

bortschtsch = Eintopf auf Rote-Beete-Basis. 

Polen: Solidarnosc (Arbeiter)  vs. Regierung 

Masuren = Region im heutigen Nordpolen, früher Südostpreußen. Viele Seen, Seenplatte.

Sonntag, 3. November 2024

DER MEISTER UND MARGARITA im Theater am Neunerplatz

 Ein Freund hat mich mitgenommen auf die Premiere eines Stücks im Würzburger Theater am Neunerplatz. Wenig vorbereitet kam ich der Einladung nach. Ich wusste, dass es um den Teufel geht, der in Moskau einen Ball veranstalten mochte. Mehr aber nicht.  Umso erstaunlicher ist dann das Stück nach einer Romanvorlage von Michail Bulgakov für mich gewesen. Jetzt wo ich auch darum weiß, dass das Stück als Meisterwerk der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts gehandelt wird, wundert mich das nicht mehr. Ein exzellente Inszenierung eines kleinen Laientheaters! 

Die Handlung 

Ein Schriftsteller ("Meister") arbeitet im sozialistischen Russland an einem Roman, in dem er sich mit Pontius Pilatus beschäftigt. Er vollendet das Werk, doch die Zensur und der Verleger verderben dem "Meister"  die Früchte seiner harten Arbeit. Dies stürzt Meister in eine Depression und um seine Liebste vor sich selbst zu schützen, lässt er sich selbst in eine Psychiatrie einweisen. Gleichzeitig kommt der Teufel als Professor Wolan in die Stadt. Er sorgt mit seinem Gefolge für Chaos und trifft dabei auch auf die Liebste des Meisters, Margarita. Dieser ermöglicht er es wieder mit dem Meister zusammenzukommen. 

Eine zweite Handlungsebene beschäftigt sich mit dem Roman des Meisters. Darin wird die Verurteilung Jesus anders dargestellt als im Evangelium. Jesus durchschaut die Einsamkeit und Angst, die eigentlich hinter dem rohen Auftreten des Statthalters dessen Herz gefangenhalten und sein Leben regieren, was Pontius durchaus dazu bewegt, Jesus straffrei zu lassen. Doch aufgrund des Tatbestands der Majestätsbeleidigung, die Jesus ebenfalls vorgeworfen wird, "muss" Pontius Pilatus diesen verurteilen. Muss er wirklich? Dies ist der entscheidende Moment des Stücks und das exzellente und exemplarische: Nein, aus Feigheit, wie er sich später selbst vorwirft, verurteilt Pilatus und verbannt damit das Gute von der Erde. Dennoch spricht er sich auch vor dem hohen Priester, weil Paschafest ist und ein Verurteilter begnadigt werden darf, für Jesus aus. Doch er kann sich nicht durchsetzen und der Gefangene Baraban wird begnadigt. Dies belastet Pilatus enorm und er lebt ein ruheloses Leben. 

Die Handlungen vermischen sich. Margerite geht einen Pakt mit dem Teufel ein und kommt dadurch wieder mit ihrem Meister zusammen. Und da Pilatus in der Hölle gelandet ist und der Meister auch im Infernalen umherziehen kann, kann dieser Pilatus dort von seinen Qualen erlösen. 


Die Inszenierung

Es hat nicht viel gebraucht und doch wurde massig daraus geschaffen. Tolle Kostüme mit Farbsymbolik für die Archaische Zeit und das junge Russland sowie für die Gestalten aus der Hölle, brillantes Schauspiel, in dem die Schauspieler sich wirklich viel abverlangen (stimmlich! Mimik! Gestik!), eine kleine Bühne, die durch einen Kastenwagen enorm viele unterschiedliche Settings darstellen konnte (Quasi Minidrehbühne), Musik von einem kleinen Streicherensemble kombiniert mit Projektionen und elektronisch produzierter Musik - all das verschmolz zu einem enorm engagierten meisterhaften Theaterabend, der die Messlatte für "Laientheater" in Würzburg enorm hochhebt und sich wirklich in keiner Weise auch nicht vor "großen" Inszenierungen verstecken muss. Alle Achtung, Chapeau und Gratulation! 


https://neunerplatz.de/produktion/der-meister-und-margarita/

Samstag, 14. September 2024

Ein bäuerliches Trauerspiel: "Das Flüstern der Felder" aka "The Peasants" (2023)

Inhalt: 

Das Szenario ist ein Dorf irgendwo im Nirgendwo in Polen mit klaren Hierarchien und Vorstellungen, wie das Leben zu sein hat: Christlich, verheiratet und hart arbeitend. Irgendwo in der Ferne ein Gutsherr und im Dorf der Schulze, der für Recht und Ordnung sorgen oder vermitteln soll. 

Als Figuren treten der freie Großbauer Boryna auf, der vor kurzem seine Frau verloren hat. Mit dieser hat er zwei Söhne, von denen der ältere, Antek, verheiratet ist und selbst ein Kind hat. Auf der anderen Seite befindet sich die junge, bildhübsche und unverheiratete Jagna, die noch bei der Mutter lebt (Wo ist der Vater? ) und die anderen Dorfbewohnerinnen und Bewohner, so wie der Schmied, der Müller und andere Knechte, Mägde und ein Geistlicher.

Nun will die Mechanik des Dorfs, dass jedermann und jede Frau verheiratet werden. Schlimm genug. Dazu kommt aber auch noch, dass die Heiratspolitik auch Machtpolitik ist, denn über Mitgift und Erbe entscheidet sich, wer welche Position im Dorf hat. (SPOILER ALARM) Das Unglück nimmt dadurch seinen Lauf, dass Boryna sich überreden lässt, Jagna zu heiraten, obwohl diese viel jünger ist. Und Jagnas Mutter stimmt dem Handel geblendet vom Besitz, den sie und Jagna dadurch bekommen (3ha Land) zu. 


Dabei hat die junge Jagna eigentlich nur Augen für Borynas Sohn Antek und dieser wiederum findet Jagna auch nicht schlecht, obwohl er verheiratet ist und Kinder hat. Ach ja, und der Besitz und das Erbe von Boryna - das ist natürlich auch hoch begehrt. (RICHTIGER SPOILER ALARM) Und so kommt, was kommen muss: Der Sohn hasst den Vater, der Vater verstößt daraufhin den Sohn samt Familie, die Frau wirft dem Ehemann vor, dass er nicht für sie sorgt, Jagna ist unglücklich und betrügt ihren Mann mit Antek. Zusätzliche Bewegung in diese eh schon total überhitzte und aufgeheizte Situation bringt der Gutsherr, der auf einmal die Holzrechte an einem vom Dorf gemeinschaftlich genutzten Wald, für sich selbst beansprucht. Der gemeinsame Feind bringt Vater und Sohn wieder näher doch das missgönnende Dorf sucht ein Opfer und beschließt Jagna zu vertreiben.

Kommentar: 

Nach einer Exposition, in der die unterschiedlichen Figuren und ihre Position im Dorfkosmos beleuchtet wird, entspinnt sich ein klassisches Drama mit Vater-Sohn-Konflikt und dem Grundproblemen, dass die Hölle die anderen sind, wie Sartre gesagt hätte (durch ihre Missgunst und ihren "Allzumenschlichen" Drang nach Macht, Geltung und Ansehen) und dass Liebesheiraten eben doch das bessere Modell sind. Wenn überhaupt geheiratet werden muss.  

Jagna laviert irgendwo zwischen Unschuldsengel, Barbiepuppe, die nicht mehr kann als Scherenschnitte herzustellen, und Trophäe in einer Männerwelt zu sein. Boryna ist ein alter Haudegen, hart aber irgendwo auch gerecht, dem Leistung am Ende doch wichtiger ist als Schönheit und Ehe (sonst hätte er sein Geld nicht Maria gegeben) und der das Herz doch am rechten Fleck hat, nur eben diesen einen grossen Fehler begeht (hamartia) sich zur Hochzeit mit der viel jüngeren Boryna verleiten zu lassen. Antek dagegen hat sich nicht wirklich unter Kontrolle. Wild und unbändig, aufbrausend, stolz und blind wütet er durch die Handlung. 

Der Film ist komplex, weil sich die Figurenverhältnisse wandeln. Antek und das Dorf begehren oder verachten Jagna. Boryna verstößt die Familie seines Sohns, um sich ihr dann doch wieder anzunähern. Antek hasst seinen Vater, um ihn dann doch zu retten und zu lieben. Der Schulze sucht seinen Vorteil (und wird von Anfang an als "ekliger", schmatzender Machtmensch dargestellt.) Und auch Jagna lässt mit sich geschehen, gibt sich ihrem "Schicksal" hin, um dann doch wieder aufzubegehren. Leicht haben sie es alle nicht...

Das Besondere

Das Besondere an dem Film nun aber ist seine Machart. Reales Schauspiel wurde mit realen Ölgemälden und AI ergänzt. Das heisst, ein großer Anteil des Films - die Postproduktion - beinhaltete das Nachmalen oder Übermalen und Ergänzen der Szenen aus dem Film, so dass das Endresultat ein einziges ineinanderfließendes Ölgemälde zu sein scheint, voller atemberaubender Details und Portraits aber genauso voller atemberaubender idyllischer oder beängstigender Landschaften. Viele zeitgenössische reale Ölgemälde dienten dabei auch als Vorlage und Inspirationsquelle, um den Zeitgeist in der Zeit vor der Bauernbefreiung einzufangen. Damit entsteht ein vor allem visuell beeindruckendes, wildes und leidenschaftliches, berauschendes Erlebnis, wenn man den Film betrachtet. Auch die Musik, die an Yann Thiessen erinnert, ist mitreissend und schön. 

Wie viel Arbeit in dem Film steckt merkt man erst, wenn man sich weiter damit beschäftigt. Über den Instagram-Channel zu "thepeasantmovie" bekommt man hier erst eine Ahnung davon, wie unglaublich viel Arbeit in der Postproduktion steckt! Die Gemälde können auch für 250-10.000€ erworben werden.

Fazit

Definitiv ein Spektakel, eine Reise in eine vergangen grausame Zeit und eine Studie der Folgen einer verkrusteten Gesellschaftsordnung und die dunklen Seiten des Menschen mit einem Hauch Dirty Dancing ;)  Hinzu kommt der massive visuelle Wert der Produktion. Ziemlich üppig! Sehenswert aber kein "musthaveseen" und auf den Spuren von "Waking Live" "Dogville" und Yann Tiersen.

Mehr Infos z.B. unter: https://thepeasantsmovie.com/keyframes,47,en

Hier noch einige Screenshots vom Instaprofil.