In Schrebers Garten.
Nach einem Roman von
Klaas Huizing.
Inszenierung: Bernhard
Stengele.
Bühne und Kostüm:
Gesine Pitzer.
Mainfrankentheater.
Visionen einer
Problemjugend.
Gezeigt wird ein Stück
über die Familie Schreber. Der Vater ist Sportler und wahnsinniger
Visionär. Der Sohn bekommt die geballte Ladung falscher Erziehung
ab. Im Konkurrenzverhältnis mit dem Sohn, in der unbestimmten
Beziehung zur Mutter, die selbst nur problemhaft mit der
Familiensituation umgehen kann, und im strengen und wahnhaften
Verhältnis des Vaters zu den Kindern und der Familie. Sport,
Disziplin, Sauberkeit und Exzellenz bestimmen sein Kleingärtnerhirn.
Und so zieht er eine krankhafte Saat hoch . Die Mutter kommt noch
ganz gut weg bei dem Ganzen, auch der ältere Bruder, Gustav, schafft
den Absprung. Übrig bleibt alleine Paul, der zu allem Überfluß
auch noch mit einer weiblichen Identität im Männlichen Körper
geboren wird.
Und so ist auch das Ganze
Stück konzipiert als Entdeckung der beschädigten Psyche Pauls. Zum
werden dem Zuschauer Blicke in die Psychosen und in die Alptraumhafte
Welt Pauls gewährt, zum andern erlebt man seinen Alltag in der
Klinik. Die Sphären sind dabei unausgewogen. Zu den kurzen Momenten
des Arztes, und der gesunden Gesprächssituation in der Jetztzeit
mischen sich zuerst die Bilder der Vergangenheit in Retrospektiven
hinzu. Dann bleiben die Sphären in einem vermischten ineinander und
nebeneinander bestehen. Einzig ein dünner durchsichtiger Vorhang
trennt von Zeit zu Zeit die Stimmen, die Paul hört vom
jetztgeschehen ab. Dieser wird auch manchmal hochgezogen, um
darzustellen, wie Paul vollkommen in seine Wahnwelt eindringt.
Doch das einzig
dramatisch aufbegehrende Stück flaut ab, und gibt einer Entwicklung
Raum und Zeit.
Kommentar
Das Stück überzeugt.
Sehr viele gewagte Bilder, Traumphantasien und auch hier im
Würzburger Mainfrankentheater hat ein Trend Einzug gefunden,
psychoanalytische Themen und Formen auf die Bühne zu bringen. Dass
sich ein gewaltiger Fundus an Ausschmückungen durch die Phantasie im
Bereich der unbewussten Bewusstseinssphären verbindet, beweist auch
diese Aufführung eindrucksvoll. Waren bereits in Paprika und in
Inception psychoanalytische, teils psychopathologische, immer aber
psychologisch auflösbare Bilderwelten geboten, so macht auch diese
Inszenierung sehr viel Gebrauch. Sie liefert tiefe Einblicke in die
freudsche Bewusstseinsgrammatik und sie taucht den Pinsel tief in den
Farbeimer, dessen Formen schon Dali eindrucksvoll ins Künstlerische
übertrug. So befinden sich auf der Bühne z.B als Requisiten
Phallussymbole, die wie Sporenpilze oder ähnlich Undefinierbares von
der Decke baumeln. Verdrängte Sexualität zeigt sich früh als
Leitmotiv durch das Geschehen, und gerade im zweiten Akt werden die
Hüllen, die diesbezüglich fallen werden, bereits früh angezeigt
durch eine Transparenz der Kleidung im gutbürgerlichen Kontext. Und
so überrascht die Entwicklung, die sich aus der Geschichte
herausschält, auch nicht wirklich, sie war vorhersebar und geschickt
angelegt in den Motiven, die sich von Anfang an auf der Bühne
befinden. Und so verwundert es auch nicht, wenn Paul sich
schließlich - vollkommen im Wahnsinn, oder vollkommen frei - als
Paula selbst entdeckt.
Bis dahin wird dem
Zuschauer all der Verdrängungskampf, die selbstquälerisch
auferlegte Notwendigkeit den Wunschvorstellungen eine Vaters zu
entsprechen, offengelegt. Doch die selbstauferlegte Maske der
Männlichkeit führt in den Wahn und nur manchmal blitzen die Momente
der Bildungs- und Erziehungsmethoden des Vaters auf und manifestieren
sich als krankhafte Konstruktpersönlichkeit, die schemenhaft ein
verzerrtes, tragisch-komisches Bild der väterlichen Dominanz
vorspiegelt, bis der wahre Kerndes Charakters die Bühnenwirklichkeit
erreicht.
Die Meinung: Manche
Reduktion hätte dem Stück vielleicht gut getan. Es ist deswegen
nicht schlecht, und vermutlich ist das nur meine eigene Meinung und
die Vorliebe eines demütigen Verhaltens. . Zur Debatte stünde der
Gesang des Hauptdarstellers – und ein paar Provokationsmotive. Aber
nun gut, das sind nun wirklich Ansichtssachen.
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