Freitag, 23. September 2016

"Dschast singing in se rejnnnn" - Was steckt noch alles in Asterix?

Asterix ist da! Ein Hoch auf unser Bücherantiquariat. Zugegeben - Asterix behandelt die Antike, aber ist er selbst schon antik? Kaum, ein zeitloser Klassiker, den man nach der Grundschulzeit mit bestem Gewissen neu entdecken kann! Als angehender Lehrer sollte man auch jeden Seitenarm im Unendlichen Fluss der Geschichten über Geschichte kennen, gierig in sich aufsaugen und überprüfen, ob und was man damit lehren kann. So will es jedenfalls die harte Referendariatstheorie :) In die Finger kam mir dazu "Asterix im Morgenland" (1987)

Sprachwissenschaftlich: 

Nun zuerst kann man den Unterschied zwischen Phonetik und Graphematik, also zwischen Laut und Buchstabe erklären. Man schreibt Englisch anders, als man es spricht. ("Dschast" vs. "Just", "Rejnnn" vs. "rain").  Jedem Laut sollte, auch im deutschen, ein Buchstabe zugeordnet sein. In Fällen, wo das nicht so ist ( z.B. das langgesprochene "a" in nahmen, Namen, Saarland) kommt es üblicherweise dann auch zu Komplikationen. Die Regel ist nicht regelhaft,  sondern die Wörter müssen einfach gelernt werden.

Interessant ist auch die Wiedergabe von Dialekten - ebenfalls durch eine Annäherung an die tatsächliche Aussprache. Der Pirat auf dem Mast als Aussichtsplattform mit dem Zweck, Land, Beute oder Gefahren zu erspähen, hat so seine Probleme mit der  -in der Übersetzung - deutschen Sprache. Manche Laute (Buchstaben) fehlen ihm. Leider versenkt er dann auch noch selbst das Schiff, nachdem sich die Piraten eigentlich bereits durch all ihre Vorräte von einer "faustdicken" Auseinandersetzung mit den Galliern freikaufen konnten.

Euphemismen: Wie Obelix mit dem Vorwurf umgeht, hungrig und korpulent zu sein.

Die Namensgebung folgt dem Leitsatz "Nomen est Omen": Eryinjah ist eine Anspielung auf "Air India", "Niehamavasah" ist der Name des Radschahs und heißt soviel wie "Nie haben wir Wasser". Der Comic nimmt sich die Freiheit solch naheliegender Namesgebereien.

Anspielungen: 

- Auf Goethes "Wanderlied" wird angespielt (Über allen Gipfeln ist Ruh...)
- "Just singing in the Rain" - der Hit aus einem der ersten in Tricolor gedrehten Filme mit Gene Kelly (1952)


Historisch: 

Auf der Reise ins Morgenland, wo der Radschah sehnsüchtig Regen erwartet, um seine Tochter vor dem Opfertod zu bewahren und seine eigene Machtposition halten zu können, kommt der Expeditionstrupp an mehrere historische Orte: Gallien, Rom, Athen in Griechenland, Tyra an der Levante und schließlich das Gangesthal. So treffen sie auch verschiedene Kulturen.

Deren Baustile sind beispielsweise reproduziert.
So findet man ein Bild Roms, auf dem man Triumphbogen, den Circus Maximus sowie den Marstempel, aber auch mehrstöckige Häuser erkennen kann. Geht es um Athen, so sieht man die Akropolis auf ihrem felsigen Untergrund, und dabei eine Kolossstatue, den Pantheons-Tempel.

Auch tauchen verschiedene Götter auf.
Teutatis - sprichwörtlich für die Teutonen, die den Römern ja tatsächlich große Probleme bereiteten (Schlacht am Teutoburger Wald 9 n. Chr. - Ende der Expansion der Römer rechts des Rheins, da 1/8 des Heeres vernichtend geschlagen wurde), taucht ebenso auf wie Vishnu und andere Götter.

Die skythischen Reiter kommen ebenfalls vor. Dies war der Sammelbegriff für ein Reitervolk nördlich des schwarzen Meeres - auch wenn sie zur Zeit Caesars wohl nicht mehr so präsent waren.

Die Trockenheit vor dem Monsun führt zu Hungersnöten und Trockenheit

Thematisch: 

Fremdenfeindlichkeit:
Der Teppichknüpfer in Tyra, der das Loch im fliegenden Teppich nicht reparieren möchte, weil er nur eigene, nicht ausländische Teppiche repariert. Mit ihrer kurzen Hilfe gegen die skythischen Reiter erkämpfen sich die Gallier die Hilfsbereitschaft des Teppichhändlers.

Dorfgemeinschaft: 
Das Buch beginnt und endet mit einem Bankett. Ausgeschlossen sind allerdings die Frauen

Frauen: 
Apropo - Die Frau des Schmids und des Fischverkäufers streiten sich um den Teppich. Hier geht es um Macht, Geltungsbedürfnis oder auch - runtergebrochen - um die Freude der Damen am Gestalten des Hauses.

Phantastisches: 
Es regnet, wenn Troubadix singt, Teppiche können zum Fliegen gebracht werden, ebenso wie ein Seil ohne fremde Hilfe senkrecht in der Luft stehen kann. Und natürlich - ein Zaubertrank.

Freundliche Tiere: Die Freude des Elefanten über sein Wiedersehen mit seinem Besitzer (Mythos - Realität Arbeitselefanten)

Caesar leidet an einem Fieber.


Hinduismus: 

Askese:
Das Leben als meditierenderer Fakir in Askese (Enthaltsamkeit) ist durch die Figur des Erinyah präsentiert. Er verweigert üppiges Essen und Alkohol. Im Normalfall. Im buchstäblichen Sonderfall, als er einmal vom Teppich fällt, bricht er sein Genussverbot und macht sich darüber auch im Nachhinein Vorwürfe.

rituelle Waschungen im heiligen Wasser des Ganges

Narration: 

Zwei nicht ganz perfekte Helden (Asterix, weil er den Zaubertrank braucht, zwar klug und prüfend aber gleichzeitig auch cholerisch ist und Obelix, weil er nur an seinen knurrenden Magen denkt, stark ist, wie ein Ochse, aber auch nicht viel interessierter an den Geschehnissen der Welt) werden durch einen Gestandten mit einem Hilfegesuch in ein Abenteuer hineingezogen. Dabei besteht das Abenteuerliche vor allem aus dem Weg in das Morgenland, denn etappenweise müssen die Helden sich Gefahren widmen, die sich ihnen in den Weg stellen oder die sie sich selbst bereiten. Leitmotivisch taucht Obelix' Hunger auf. Die Beschaffenheit der Helden - ihre Konstitution, der sie treu bleiben - sorgt für Kohärenz und führt durch die Geschichte.
Auslöser der Geschehnisse ist die Bedrohung, die fast einem Komplott gleicht, der beiden eindeutig als Bösewichte zu klassifizierenden Figuren Daisayah und seines Gehilfen. Genau betrachtet ist die Ursprungsort nicht wirklich ein Komplott, da die Trockenheit "höherer Gewalt" zuzuschreiben ist und nicht von Daisayah verursacht wurde. Dafür ist die Entführung Troubadix zum Elefantenfriedhof definitiv als Komplott zu interpretieren.

Asterix feiert 56ten Geburtstag.











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