Sonntag, 26. Dezember 2021

Nimrod Danishman: „Grenzen" (2018) oder "What is love?"

 


Handlung: 

Das Mainfrankentheater hat die deutschsprachige Erstaufführung des Stücks "Grenzen" auf die Bühne gebracht. Es geht darin um Boaz und Georges, einen Israeli und einen Libanesen. Die beiden lernen sich auf Grindr, einer Datingplattform für Homosexuelle kennen, ohne zu wissen, dass sie in verfeindeten Ethnien leben. Aus rein sexueller Begierde entwickelt sich schnell, und zunehmend intensiv eine ernsthaftere Beziehung, getrieben von Interesse am andern, Ängsten, Bedürfnissen und Mut. Es entsteht die Idee, sich gemeinsam in Berlin zu treffen, dem Ort der Freiheit, wo weder vom Staat ausgehende Feindseligkeit noch Diskriminierung und Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung eine Rolle spielen...

Schauspiel und Inszenierung: 

Cederic von Borries und Anselm Müllerschön spielen grandios! Voller Energie, Einfühlvermögen und mit einer unaussprechlichen Feinfühligkeit für das emotionale Erleben ihrer Figuren. Dabei spielen sie sehr nackt, denn es gibt keinen Kostümwechsel, keinen nennenswerten Bühnenbildwechsel, keine atemberaubende Kulisse und in der Regel auch keine Musik, die das Geschehen aktiv mittransportiert. Dafür gibt es Blicke, Gesten, Körperhaltung, Anspannung - und Entspannung, Zuckungen mit dem Fuß als Ausdruck von Nervosität und und und...Es ist herrlich! Ich meine, niemand kann sich dem Schauspiel der beiden gepaart mit dem Charme des Stücks entziehen! Vielen Dank! 

Mein Resümee: 

Ich liebe Theater! Es ist so wichtig! Es ist ein Brennglas und bringt Konflikte und Themen fremder Kulturen und anderer Menschen ins eigene Bewusstsein. Gesellschaftspolitisch ist das an Wichtigkeit nicht zu unterschätzen! Das ganze Stück über habe ich Faszination empfunden und Freude über die Magie und Energie des Theaters, aber auch seine Intention. Klar wurde mir, was für ein Glück und Privileg ich habe, in einer freien und offen pluralistischen Gesellschaft zu leben. Es gibt Grenzen für andere, die ich mir kaum vorstellen kann. Außerdem hat das Stück für mich sehr schön unterstrichen, dass Liebe eben kein Geschlecht kennt. Die Homosexualität der beiden Figuren spielt hinsichtlich der Themen, die sie erleben und der Liebe, die sie suchen (Vertrauen, Halt, Ängste, das Bangen und Hoffen, Verletzungen aus der Vergangenheit usw...), überhaupt keine Rolle. Liebe ist Liebe. 

Interessant fand ich auch die Entwicklung der Figuren. Wirkt Boaz am Anfang des Stücks einfach nur "stumpf", zeigt er sich immer verletzlicher. Er war richtig verliebt und wurde dadurch enorm verletzt. Georges Kommentar dazu: "Ich hasse ihn [den Ex] Ich hasse ihn für das, was er dir angetan hat. Wie lange werden meine Umarmungen und Küsse brauchen, um bei dir anzukommen?"


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