Freitag, 24. Juni 2011


Brecht Galilei

Brecht: Das Leben des Galilei (1939), geschrieben im dänischen Exil

Brechts episches Stück „Das Leben des Galilei“ zeigt im wesentlichen den Aufstieg und Fall des Wissenschaftlers Galileo Galilei. Mit seiner euphorischen Forschung über die Sternenkonstellationen und seiner akribischen astronomischen Arbeit zerstört er die alte, geozentrische Weltordnung. systematisch. Da die Autorität der Kirche auf der alten Ordnung der Sterne und des Universums beruht, und zwar zu großen Teilen, beäugt diese Galileis Treiben erst argwöhnisch. Als Galilei nicht von seiner aufklärerischen Haltung abrückt, droht sie ihm Folter an und zitiert ihn vor ein Inquisitionsgericht nach Rom. Galilei stellt seine Forschungen offiziell ein und widerruft seine Lehren. Das Ende des Stücks varriiert je nach dem Kontext, in dem es geschrieben wurde - Brecht wollte Hiroshima und Nagasaki nicht unberücksichtigt lassen. 

Brecht hat hier ein sehr pädagogisches Stück verfasst. Mit einem unglaublich gebündelten Aufklärungseifer beschreibt er, wie sich die Logik am Mythos abarbeitet. (Eine Thematik, die auch Thomas Mann entfernt interessierte, der ja auch der Meinung war, man müsse den Nazis die Macht über den Mythos entreissen.) Mit stechender Logik und wissenschaftlicher Beweisführung überzeugt der italienische Forscher einen jeden, der zuhören und denken möchte, von der Notwendigkeit einer Revision des ptolemäischen Weltbildes, indem er die Phasen der Venus und die Jupitermonde als unleugbare Beweismittel heranzieht. "Eine neue Zeit bricht an".
Die Machthaber wollen sich ihre Macht nicht nehmen lassen. Für die alte Ordnung steht,  so lässt Brecht die Vertreter der Kirche argumentieren, dass sie Ordnung schafft. Offen und frei, zur offenen Beurteilung durch das Publikum oder den Leser eben, legte Galilei tatsächlich die Grundsteine dafür, was Sigmund Freud die „kosmologische Kränkung“ nannte: der Mensch steht nicht mehr im Zentrum der Welt, über der ein Himmel ist, außerhalb dessen ein Gott herrscht, waltet und richtet. Sondern er treibt auf einem von vielen Planeten in ständiger Eigenrotation um eine Sonne. 
Brecht arbeitet in vollem Umfang die Dialektik der Thematik heraus - das 'Für', und das 'Wider', obwohl die Sympathieführung definitiv zugunsten Galileis ausfällt.
Das Stück hat einen politischen und einen engagierten Hintergrund, so könnte man meinen. Ist es dem Bauer egal, ob sich die Erde um die Sonne dreht, oder nicht? In jedem Fall scheint es der Kirche nicht egal zu sein, wobei die Popularität der Galileischen Forschung – trotz öffentlicher Widerrufung – einen Siegeszug vollzog. Die Theorie mit dem Riss und dem Damm...Aber ist es dem Bauern nicht immer noch egal? Oder wie ist es mit der Umwelteffizienz, die der Logik folgend jedem einleuchten müsste...

Ein Beweis für mich, wie vielseitig Brecht schreiben kann, wie er als Dichter Positionen verdichtet und aufeinanderprallen lässt. Wie immer bei Brecht auch eine humorvolle Lektüre.

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