Das erste Symbol des Videos. Click for view |
1. Beschreibung im Detail:
In dem Video sieht man
ein schwarze Flagge wehen, auf der das Emblem zweier sich kreuzender
Schlüssel eingestickt ist, man sieht tiefe dunkelgraue Wolkenberge
durch die die Kamera auf Augenhöhe fährt, man sieht wie ein Feuer
entzündet wird und einen Wolfshund, der aufmerksam in die Kamera
schaut und dem dabei Speichel aus den Lefzen tropft. Man sieht einen
tätowierten Rücken, auf dem ebenfalls zentral, zwischen den
Schulterblättern, stolz das bereits bekannte Symbol der zwei sich
kreuzenden Schlüssel von zwei Drachenköpfen flankiert ist. Man
sieht einen vermummten Trommler, der kraftvoll im Takt der Musik auf
eine riesige, fellbespannte Trommel schlägt und schließlich beendet
die Exposition der Moment, in dem man betrachtet, wie eine
Feuerzunge aus einer Öllampe größer und größer aus der Lampe
heraus lechzt.
Die Trommeln und die
Öllampe sind in der Filmlogik als Symbole dafür, dass „Die Zeit
gekommen ist“ zu interpretieren. Erstere symbolisieren, dass die
Stunde nun geschlagen hat während die zweite so etwas symbolisiert,
wie dass der große Tag angebrochen bist.
Der Fokus weitet sich
dann auf totalere Aufnahmen. Jetzt sieht man Menschen, ganze
Oberkörper und innerhalb der vier folgenden Bilder die Mikrostory
des Videos: Eulenkrieger, Priester, schlafender Junge auf Bare und
schließlich der erste anvisierte, komplett überzeugte Blick des
Eulenkriegers, der bereit ist, in den Kampf zu ziehen. Dann noch als
Abschluss der Sequenz der durchdringende Blick der Eule allein und
schließlich kommt das erste Mal musikalisch Text und Orgel, visuell
der Pferdekrieger. So lösen sich die Bilder langsam in eine
zusammenhängende Geschichte auf, deren Sinn man interpretieren kann.
Der tätowierte Rücken
gehört zu einem Menschen mit Morgenstern, der Wolfshund und die
Öllampe zu einem Kämpfer mit langen kohlschwarzen Haaren, der an
einen Mongolen erinnert und ebenfalls eine Kette mit dem Symbol der
sich kreuzenden Schlüssel trägt. Die Eule sitzt auf dem Arm eines
androgynen Schönlings in Lederwams und wie gesagt, es gibt noch den
Reiterkrieger. Die Dramatik der Musik nimmt zu (Flöten) der Trommler
schlägt wilder auf die Trommeln. Man spürt die Nervosität und
Aufbruchsbereitschaft der Tiere und Menschen und auf einmal beginnt
auch ein schwarzer Blüten- und Aschenregen auf die Figuren
niederzufallen.
Langsam wird es klar:
Hier handelt es sich um Krieger vor dem Kampf. Sie und ihre Tiere
zeigen noch einmal und aufgestachelt von dem schwarzen Blätterregen
ihre Kampfbereitschaft, einer schreit kühn in die Kamera, und dann
preschen sie los in Richtung eines imaginären Feindes, den der
Zuschauer beim ersten Mal sehen noch nicht einordnen kann.
Dann kommt eine neue
Sequenz: Auf einer Art Bare liegt ein bekränzter Knabe in
Büroklamotten wie in tiefstem Schlaf. Vor ihm steht eine Art
Priester in einem sehr komischen Kostüm. Beide Figuren wurden
bereits in der Mikrosituation am Anfang vorgestellt. Er ist im
Vollzug eines furchteinflössenden Rituals: Er murmelt
beschwörerische Formeln aus einem kleinen Büchlein, das aussieht
wie diese kleinen Taschentestamente, die Sektengruppierungen immer
wieder einmal kostenlos verteilen. Gekreuzte Schlüssel prangen auf
dem Buchrücken. Der Priester betet immer intensiver, sein Mund und
sein Gesicht nehmen verzerrte Züge an. Dann kommt ein Bildbruch und
man sieht eine Riesenorgel im Fritz Lang Stil, die von unten nach
oben Helligkeit aufbaut, als würde sie Sendungsbereitschaft
aufnehmen. Musikalisch haben wir inzwischen ein weitere
Steigerungsstufe erreicht.
Und dann kommt das
Unerwartete: Aus den Wolken heraus brechen schwarzdampfende
Pechgeschosse herunter und bahnen sich ihren Weg auf die Angreifer,
schlagen dich neben ihnen und auf ihnen ein, und es sieht alles
danach aus, als würden sie innerhalb dieses Pechblizzards
untergehen.
Der Junge auf der Bare
wird noch einmal weiterhin schlafend gezeigt, dann eine abschließende
Fahrt durch die Wolken und das Video schließt mit einer Einstellung
auf eine Art Palast auf einer weiten, fahlen Ebene.
2. Interpretation
a) Gesellschaftskritisch
Märchenhaft und
symbolgeschwängert wird uns eine Sichtweise unserer eigenen
Gesellschaft vorgehalten. Die Kämpfer sind Helden der Freiheit. Der
Priester, das sind die Medien und die Politiker und die
Wirtschaftler, alle diejenigen, die uns Lügen erzählen und somit
verhindern, dass wir aufwachen. Der Junge auf der Bare symbolisiert
die Gesellschaft an sich, die sich von diesen Lügenmärchen
einlullen lässt und sich in tiefem Dornröschenschlaf befindet
(Darauf kann auch die Bekleidung hinweisen, da sie aus einer Art
Schuluniform besteht). Wann wird er aufwachen um seine Hausaufgaben,
die moralische und ökologische Rettung der Welt, in Angriff zu nehmen? Wenn der
'böse' Priester mit seinen Beschwörungsformeln aufhört, ihn im
Schlaf gefangenzuhalten. Und wer befreit ihn / die Gesellschaft / die
Zukunft? Die Krieger, die den Priester, der übrigens einen
Aktenkoffer in der andern Hand hat, attackieren wollen. Diese
Interpretation kann sich auch noch auf die Fritz Lang Bildmetaphern
stützen: Die Weltbeherrschungsorgel und am Ende die Mischung aus
Kirche und Sendestation in der Wüste (Futuristischer Stil).
3. Persönlich
Das besondere dieses
Videos für mich: Reduzierung auf wenige Leitsymbole (das Leitsymbol,
das den Kontext auf ganze Jahrtausende eröffnet im Gegensatz zum
Leitmotiv, dass nur spezifisch auf einen Charakterzug oder so
hinweist) wie die beiden gekreuzten Schlüssel. Sie eröffnen ein
Maximum an möglichen Kontextualisierungen.
Beeindruckend sind die
Figuren gestaltet und besonders beeindruckt hat mich die Aufnahme der
Faust, die in die eigene offene Hand des tätowierten Kriegers in
Slowmotion einschlägt, so dass man die Vibrationen jedes einzelnen
Gewebeteils sehen kann.
Auch die Details der Lichtgebung sind
spannend zu beobachten: Steigt in den Anfangssequenzen der Lichtpegel
zunehmend an, so nimmt er just beim ersten Zeigen der Figur des
Priesters ab, was wieder den „Gut-Böse“ Kontext und die
vorgeschlagene Interpretation unterstützt.
4. Fazit
Abschließend ist der
Videoschmiede dieser Produktion also das Machen einer beeindruckenden
symbolschwangeren episch-pathetischen Fabel in hochauflösenden schönen und
beeindruckenden Bildern gelungen, an der sich Nachfolgeproduktionen
werden messen lassen müssen. Wake up, Babylon.
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