Mittwoch, 3. Oktober 2012

Documenta 13 Kassel

Über die Documenta kann man viel reden, soll man viel reden und wird man viel reden. 
Mein Beitrag dazu ist, dass es sich doch um ein sehr kommerzielles Kunstspektakel handelt, eine strittige Sache und ein Event mit sehr hoher Besucherzahl. 

Drei Werke möchte ich hier nun ein wenig näher vorstellen: Wallid Raads mixed-media-Installation Scratching on things I could disavow, Janet Cardiff und George Millers Audioinstallation FOREST (for a thousand years...) und schließlich Charlotte Salomons illustrierte Singspiel-Geschichte Leben? Oder Theater ?.

Nachdem das Friedericianum bereits vor 12:00h morgens durch eine weite Besucherschlange verziert wurde, die am lebenden Riesenhasen und dem Friedhof der Werte, vorbeiführte, verschlug es mich in eine kleine aber schicke Industrie- und Ausstellungshalle, neben dem Documenta-Archiv. Dort traf ich auf die Kunst von Wallid Raad. Eine große, weise Leinwand ist dort aufgebaut (4x7m) und sie stellte eine Art Doppelkollage dar.
Doppelkollage, weil sie zum einen traditionell beklebt war mit Bildern, Bildfetzen und Texten oder Textausschnitten. Zum andern wurde sie aber von zwei Projektoren bestrahlt, die mit aufploppenden Videoausschnitten, permanenten projezierten Verbindungslinien und anderem Beiwerk eine zweite ganz andere Komponente in dem Werk darstellen. Insgesamt handelte es sich bei diesem Eröffnungswerk um eine Art Mindmap, die über Kunst und Kunstproduktion, vordergründig aber vor allem über den Terroranschlag am 11.09.2001 auf das World Trade Center reflektierte.
Wallid Raad
 
Vor der Installation waren Plastikstühle aufgebaut. und man brauchte sie auch, um dieses vorerst einfach nur große und verwirrende Werk zu dekonstruieren. Welche Details waren in dem Gewirr verborgen? Welche Bedeutung haben sie? Haben sie überhaupt eine Bedeutung? Und welche Bedeutung haben sie für sich? Welche im Kontext des Gesamtkunstwerks? Mit anderen Worten: Man saß lange davor und war beschäftigt mit dem Dekodieren der Symbole und ihrer Verknüpfungen.

Die Komposition besitzt eine Mitte. Man kann die Umrisse eines Menschens erkennen. In der rechten Hand (Teil der Videokollage) präsentiert er immer wieder etwas zwischen Daumen und Zeigefinger. Dabei handelt es sich vermutlich um einen kleinen Mann im Anzug. Wallid Raad beschreibt mit diesem Kunstwerk das Gefühl im nahen Osten zu sein, der von demokratisch-kriegerischen Auseinandersetzungen schon lange zerrüttet ist. Der Mann könnte als Symbol verstanden werden dafür, wie sich "der kleine Mann" fühlt: ohnmächtig in den Händen größerer Gewalten (Sei es die US-Ökonimie oder das eigene Militär-oder Glaubensregime), in einer bizarren Mischung aus Präsentiert- und Vorgehalten-Werden.
http://www.cardiffmiller.com/


Janet Cardiff und George Millers Audioinstallation FOREST 
Ohh, die Kunst des Autitiven, die Audiokunst. Ich liebe sie einfach. Selbst wenn mir das Gesamtkunstwerk nicht gefällt, gibt es immer wieder Facetten, die mir gut gefallen! Fein herausgearbeitete Geräusche, geschickt kombinierte Arrangements, saubere Arbeit. FOREST evozierte in mir die Geschichte um einen Bürgerkrieg, den amerikanischen vielleicht...Soldaten in einem Wald, dann der Kriegs- und Schlachtenlärm und zum Abschluss die Klagen um die Toten.

Charlotte Salomon

Hmm. Tiefmenschliche Kunst. Kunst des Widerstands. Eine Frau, der nichts erspart blieb, die gewitzte, bunte, schöne, menschliche, einfache, naive Kunst produzierte. Es ist zum Heulen.


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