Sonntag, 16. Dezember 2012

Strindberg: Der Vater (Kammerspiele, Mainfrankentheater Würzburg)

Empfehlenswert: Das Stück, die Schauspieler (Einzeln und im Ensemble), die Inszenierung, die Szenographie und die Thematik. 


Baptistin und Amme
Auf der kleinen Bühne des Mainfrankentheaters (Kammerspiele, etwa 80 Ssitzplätze) inszeniert(e) die Schauspielgruppe Strindbergs psychologisches Charaktertrauerspiel "Der Vater" (UA 1887).

Inhalt:
Aus einer banalen Erziehungsfrage entwickelt sich ein heftiger Ehekrieg. Die Frau des intellektuellen, fortschrittlich wissenschaftlich aufgeklärten Rittmeisters und Familienvaters, Laura, eine Schlange, ist nicht zufrieden mit der Idee des Vaters, die gemeinsame Tochter Bertha in die Stadt ziehen zu lassen, auf dass sie dort eine Lehrerausbildung absolviere. 
Sie spinnt also eine Rufmordintrige, bei der sie vor nichts zurückschreckt - Ihr Ziel ist es, den Vater für unmündig erklären zu lassen. Also streut sie zum einen beim Arzt Gerüchte, dass ihr Gemahl geisteskrank sei, zum andern pflanzt sie bei ihrem Gatten den Gedanken ein, dass seine Tochter gar nicht seine eigene, leibliche Tochter sein könnte...
Frei nach dem Motto "alisquid semper restuit" läuft das Ganze zunehmend aus dem Ruder. Der Vater, ein mächtiger (auch gesellschaftlich bedingter) Patriarch, befindet sich in einem Untergangsgemetzel. Er muss sich verteidigen, was ihm Mal um Mal mit Bravour gelingt (ein imposanter Charakter, vorzüglich geschauspielert), bis er aber eben selbst an seiner eigenen Vaterschaft zweifelt.
Ein Drama entpuppt sich zwischen den Polen "die Geister, die ich rief" und "crime does not pay", "sieh, was du angerichtet hast!", während man als Zuschauer noch die psychologische Beschaffenheit der anderen auftauchenden Figuren bestaunen kann (der Pastor, die Amme, der Doktor). Ein Charakterdrama, ein Zukuck-Drama, ein Stück um Macht, Verrat und Ehestreit.

Inszenierung
Die Inszenierung war modern. Alle Charakter müssen sich z.B. durch eine Vagina auf die Bühne quetschen, was das fränkische und durchaus auch alte Publikum aber wohlwollend annahm. "Macht" wurde mit "oben" symbolisiert, also auch mit "erhöht", weswegen es eine hässliche, ungeschmückte Holzrampe auf der Bühne gab,  auf der sich vorwiegend der Vater in seinem Regnum bewegte, bis er untergeht. Ohnmacht mit "unten". 
P.S.S: Ein Gag? Dass der Vater selbst Strindberg ähnlich sieht?
Alle auch farblich markierten Gegenstände auf der spärlichen Bühne sprechen selbst als Symbole mit und nehmen Bezug auf das Geschehen. Verfremdung spielte sowohl beim Bühnenbild als auch im Schauspiel, z.B. bei der Präsentation bestimmter Handlungsskripts, eine große Rolle ( z.B. "Vater-Tochter-Gespräch" auf einer Rampe mit einem albernen neongrün angemaltem Holzpferdchen im Hintergrund). Gernell war alles im rechten Maß gehalten und somit entstand ein recht rundes, angenehmes Stück.

Nochmals Danke für den schönen Abend und wirklich eine Weiterempfehlung. 


P.S: Zwei andere Bühnenbilder desselben Stücks im Vergleich:
















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